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Dadurch wird nun dem Dogmatismus aller Vorwand benommen. Selbst die
Gefühle können nicht von außen in uns hineinkommen, sie wären nichts für
uns, wenn sie nicht in uns wären. Soll es Gefühle für uns geben, so
wird das System aller Gefühle a priori vorausgesetzt.
7.
Das System der Sensibilität als solches wird nicht gefühlt, jedes
Gefühl, das bekannt sein soll, muss vorkommen als ein besonderes. Für
die Möglichkeit des Zweckbegriffs müssen daher schon mehrere Gefühle da
sein, es muss schon etwas wirklich gefühlt worden sein. Z. B. ein
besonderer Geruch und Geschmack, den ich noch nicht hatte, kommt vor als
ein besonderer; wenn dieser Geruch oder Geschmack mir nicht vorgekommen
wäre, so hätte ich ihn nicht ausdenken können, indem ich in das System
der Gefühle hineingegangen wäre. Er liegt im System, soll er aber für
mich vorkommen, so muss er besonders vorkommen.
Wie kann nun das Gefühl Gegenstand eines Begriffs werden? Bei der Anschauung wird eine Realität vorausgesetzt,
aber beim Fühlen nicht, das Fühlen ist selbst die Realität, die
vorkommt. Ich fühle nicht etwas, sondern ich fühle mich. -
Welches
ist nun der Übergang vom Gefühl zur Anschauung? Ich kann kein Gefühl
anschauen, außer in mir. Soll ich ein Gefühl anschauen, so muss ich doch
fühlend sein. Es wird schlechthin reflektiert. Das Ich erhebt durch eine neue Reflexion, die mit absoluter Freiheit geschieht, sich über sich selbst, sich, das Anschauende, über sich, in wiefern es fühlend wird, es wird dadurch selbstständig.
Woher nun der Stoff für die freie Wahl komme, ist erörtert worden.
Da dem Ich nichts zukommt, als was es sich nicht [sic!] setze, so muss es diese Beschränkung setzen, und so etwas nennt man ein Gefühl. Da durch die Freiheit gewählt werden soll, muss es ein Mannigfaltiges von Gefühlen geben, welches nur durch seine Beziehung auf das gleichfalls notwendige ursprünglich vorhandene System der Gefühle überhaupt unterscheidbar sein kann.
Verstehe ich es so richtig: Anzunehmen sei ein Trieb, der auf ein Mannigfaltiges von Widerständen stößt und somit ein Mannigfaltiges von Gefühlen möglich macht, die es dem Ich erlauben, zwischen verschiedenen Handlungsmöglichkeiten eine Auswahl zu treffen - ? Der Widerstand wird ein solcher erst, indem die reale Tätigkeit mit dem Objekt synthetisiert und diese Synthese Gegenstand der idealen Tätigkeit=Anschauung wird; diese neue Synthese ist Gefühl.
Als das Höchste und Erste im Menschen wird sowohl in der alten* als neuen** Bearbeitung das Streben oder der Trieb angenommen.
Ideales und Reales liegt nebeneinander und bleiben immer abgesondert. Im Buche* ist zuförderst das erste bestimmt und das zweite von ihm abgeleitet. Hier wird umgekehrt mit dem Praktischen angefangen und dies wird abgesondert, so lange es abgesondert ist und nicht mit dem Theoretischen in Beziehung steht. Sobald aber beide zusammenfallen, werden sie beide miteinander abgehandelt. Somit fällt die im Buche in den theoretischen und den praktischen Teil gemachte Einteilung hier weg.
In beiden Darstellungen wird ausgegangen von einer Wechselbestimmuung des Ich und NichtIch.
*) Grundlage der gesamten Wissenschaftslehre **) Wissenschaftslehre nova methodo
1) Das für die Selbstbestimmung entworfene und zu entwerfenden ist ein Begriff, sonach Objekt der idealen oder anschauenden Tätigkeit. Nun ist es der Charakter der idealen Tätigkeit, dass ihr ein von ihr unabhängiges Vorhandensein außer ihr gegeben werde; und dadurch unterscheidet sie sich vom Gefühle, in welchem Ideales und Reales eins ist. Die ideale Tätigkeit hat notwendig ein Objekt außer sich, das sie fixiert. Hier ist die Rede von einem Zweckbegriffe, hier soll das Objekt nicht gegenwärtig, in dem der Begriff entworfen wird [sic], existieren, aber es soll doch sein etwas existieren Könnendes und zufolge des Zweckbegriffs auch existieren Sollendes. Man abstrahiere auch davon, so bleibt doch immer noch ein Objekt der Vorstellung. Wir haben hier die eigentliche Objektivität zu deduzieren.
Nach Reinhold kommt im Bewusstsein vor Subjekt, Objekt und Vorstellung. Die letztere kommt erst im Bewusstsein vor, wenn von neuem reflektiert wird. Aber Subjekt und Objekt sind nun verschieden, sowohl beim Wirklichen oder beim Erdichteten wird das Objekt des Denkens vom Subjekt des Denkens unterschieden. Dieser allgemeine Begriff des Objekts soll hier bemerkt werden. - Dies ist nun die Anschauung des Satzes, der oben da war: Der idealen Tätigkeit muss immer etwas Reales entgegengesetzt werden, sonst ist die Anschauung nicht möglich.
Dieser soeben geschilderte Charakter des Objekts muss dem zu entwerfenden Begriff zukommen.
2) Der Stoff, aus welchem das ideal Tätige seinen Bgeriff zusammensetzt, soll das Mannigfaltige des Gefühls sein. Aber das Gefühl ist nichts Objektives, es ist nichts, das begriffen wird. Fühlen und Begreifen sind einander entgegengesetzt. Im Begriff oder in der Anschauung muss außer einander liegen, was im Gefühl eins ist. Unsere Aufgabe ist nun: Wie mag das, was Sache des Gefühls ist, Objekt einer Anschauung oder des Begreifens werden können?
Unsere Frage könnte auch so heißen: Wie kommt das Ich dazu, aus sich heraus zu gehen? Diese Frage macht eigentlich den Charakter der Wissenschaftslehre aus. Die Lehre von der produktiven Einbildungskraft wird hier eine neue Klarheit und Festigkeit erlangen. Die gesamte Sinnenwelt wird durch sie hervorgebracht nach ihren bestimmten Gesetzen.)
Unmittelbar ist das Gefühl Gegenstand der Anschauung nicht, auch kann das Gefühl nicht willkürlich erneuert werden, wie die Vorstellung eines Objekts erneuert werden kann: Ein Gefühl ist kein Ding, kein zu Konstruierendes, das beschrieben werden kann. Es ist ein Zustand; es ist kein Substanzielles, sondern ein Akzidens einer Substanz. Aber das Gefühl scheint mit dem Objekt ganz verknüpft zu sein, es kann nicht gefühlt werden, ohne es auf ein Objekt zu beziehen. Dies muss einen Grund haben, und wir werden den Zusammenhang zwischen Gefühl und Objekt aufsuchen.
3. Auf dem Punkt, auf welchem wir gestanden haben, bin ich beschränkt, d. h. es ist keine Anschauung meiner Tätigkeit möglich. Mit dieser Beschränkung ist nun Gefühl unmittelbar verknüpft. Was ist denn nun beschränkt? Ich bin bloß beschränkt, in wiefern ich gehe auf reale Tätigkeit, also bloß die reale Tätigkeit ist beschränkt, aber nicht die ideale. Sollte also noch etwas Weiteres folgen, so müsste es durch die ideale Tätigkeit geschehen.
Hier ist der Punkt, wo ideale und reale Tätigkeit sich trennen und wo eine nur beschrieben werden kann, indem man sie auf die andere bezieht, denn beide stehen im Wechsel. - Im Gefühle kommt das ganze unzerteilte Ich vor; sehen können wir das Ich nicht, aber fühlen.
Die ideale Tätigkeit kann sich weiter ausdehnen, wurde eben gesagt, dies heißt mit Freiheit und mit Selbsttätigkeit, welches der Charakter des Ich ist. So äußert sich die Tätigkeit des Ich im Gefühl nicht, denn das Gefühl soll erst durch die Beschränkung zum Gefühl geworden sein.
//79// Die Intelligenz geht auf etwas von ihr Unabhängiges; sie soll sich äußern; wie und aus welchem Grunde? Aus keinem, sie ist absoluten Tätigkeit des Ich, sie muss sich äußern, sobald die Bedingung ihrer Möglichkeit eintritt, und dies ist der Fall, wo die reale Tätigkeit gehemmt ist.
Es wird also angeschaut, weil angeschaut wird.
Der Charakter der Freiheit kann der idealen Tätigkeit nicht zukommen, außer in wiefern das Ich sich diese Tätigkeit zuschreibt. Dieses geschieht durch Gegensatz eines nicht freien Zustandes - des Gefühls. Wenn daher die ideale Tätigkeit gesetzt würde als ein Losreißen aus dem leidenden Zustande des Gefühls, so wäre der Gegensatz und das Vereinigungsband zwischen Gefühl und Anschauung da. Anschauung ohne Gefühl wäre nicht da, und aus dem Gefühl müsste notwendig Anschauung folgen.
Wir hätten hier in einer weiteren Bestimmung den Satz wieder: Ideale und reale Tätigkeit sind nichts ohne einander. Hier heißt es: Gefühl und Anschauung sind nicht ohne einander. Gefühl ist etwas Reales, Anschauung etwas Ideales.
Wir hätten nun auch den Vorteil, dass das Ge-//80//fühl aus dem System des menschlichen Geistes nicht verlorenginge, sondern dass es notwendig mit demselben verknüpft wäre und einen notwendigen Bestandteil desselbe ausmachte. Jeder Punkt, der aufgestellt worden ist, muss mit dem Ganzen verflochten sein. Dies findet sich nun hier bei der Anschauung, sie ist nicht möglich, wenn nicht ein Gefühl mitgesetzt wird.
Wir erhielten also das Resultat:
Keine Anschauung ohne Gefühl und kein Gefühl ohne Anschauung. Beide waren synthetisch vereinigt und wechselseitig durch einander bestimmbar. Anschauung ist nichts, außer in wiefern ihr ein Gefühl entgegengesetzt wird. Der Übergang vom Gefühl zur Anschauung ist der: Sobald die ideale Tätigkeit sich äußern kann, äußert sie sich, und sobald ein Gefühl da ist, kann sie sich äußern; also äußert sie sich.
5) Dass es so sein müsste, wie beschrieben worden ist, war aus der Beschreibung selbst hervorgegangen. Soll nämlich eine freie Handlung des Ich, praktische Tätigkeit, gesetzt werden, so muss Gefühl sein; das Gefühl hat aber keinen anderen Einfluss in die übrigen Operationen der Vernunft, wenn es nicht gesetzt wird. Aber es kann nicht gesetzt werden außer durch Gegensatz mit der Anschauung. Die Hauptfrage ist nun, wie beide in Gegensatz und in Beziehung gesetzt werden; in welchem Akte des Gemüts sie verglichen werden? (Das Gefühl sei - A, die Anschauung - B, nun muss es ein Drittes - C geben, in welchem Gefühl und Anschauung, A und B vereinigt sind.)
Mit der Anschauung ist selbst ein Gefühl unmittelbar verknüpft, die Beziehung der Anschauung auf mich. Das, wodurch sie meine Anschauung wird, ist selbst ein Gefühl. Warum, könnte man fragen, erscheinen mir meine Gedanken, Anschauungen etc. nicht als Bewegung eines Fremden außer mir? Diese Frage ist wichtig. (Die Kantische Synthesis der reinen Apperzeption erhebt sich dazu nicht.)
Das Setzen meiner selbst liegt gewissen Dingen zu Grunde, ist mit ihnen vereinigt. Das Setzen meiner selbst bei der Anschauung ist ein Gefühl von mir selbst. Im Gefühl von mir selbst ist offenbar nichts anderes vorhanden, als auch ein Gefühl, ich fühle mich und fühle mich als beschränkt. Ich fühle //81// mich, und indem ich fühle, schaue ich nicht an und denke nicht, ich bin dann nur für mich in [dem] und durch das Gefühl.
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