Antwort
auf obige Frage: wie werden wir uns des Handelns bewusst? Wir
beobachteten und wurden uns dessen im Handeln bewusst. Ich, der ich
handelte, wurde mir bewusst meines Handelns. –
Das Bewusstsein des Handelns und das Handeln war eins, durch
unmittelbares Bewusstsein. In und mit dem Denken wurde ich mir des
Denkens bewusst, das heißt ich setze mich als [im] Denken handelnd. Also auch in diesem Bewusstsein setze ich mich selbst als Subjekt und Objekt dasselbe [sic], und dadurch erhielten wir das unmittelbare Bewusst-//31//sein,
das wir suchten. Ich setze mich schlechthin. Ein solches Bewusstsein
ist Anschauung, und Anschauung ist ein sich-selbst-Setzen, kein bloßes
Setzen.
Alles Vorstellen ist ein sich-Setzen. Vom Ich geht alles aus. Das Ich ist kein Bestandteil der Vorstellung,
sondern vom Ich geht alle Vorstellung aus. Alles mögliche Bewusstsein
setzt das ursprüngliche Bewusstsein voraus und ist außer dem nicht zu
begreifen.
Die Identität des Gesetzten und des Setzenden ist absolut, sie wird nicht gelernt, nicht erfahren, sie ist das, was erst alles Lernen und Erfahren möglich macht. Das Ich ist gar nicht Subjekt, sondern Subjekt-Objekt: Sollte es bloß Subjekt sein, so fällt man in die Unbegreiflichkeit des Bewusstseins, soll es bloß Objekt sein, so wird man getrieben, ein Subjekt außer ihm zu suchen, das man nie finden wird. Ich, Subjekt, Seele und Gemüt ist nicht dasselbe. Subjekt ist das Ich, inwiefern es etwas setzt in der Vorstellung.
Das Ich setzt sich schlechthin. Dass es sich im unmittelbaren Bewusstsein als Subjektobjekt setze, ist unmittelbar, es kann keine Vernunft darüber hinausgehen; über die anderen Bestimmungen, die im Bewusstsein vorkommen, lassen sich Gründe angeben, von dieser aber nicht. Das unmittelbare Bewusstsein ist selbst der erste Grund, der alles andere begründen soll, bis zu ihm muss man gehen, wenn unser Wissen einen Grund haben soll.
Wir müssen von diesem Grunde wissen, denn wir sprechen davon, wir kommen dazu durch unmittelbare Anschauung, wir schauen unsere unmittelbare Anschauung selbst wieder unmittelbar an; dies wäre unmittelbare Anschauung der Anschauung. Es ist also reine Anschauung des Ich als Subjekt-Objekt möglich, eine solche heißt, da sie keinen Stoff an sich hat, mit Recht: intellektuelle Anschauung.
In der sinnlichen Anschauung wird etwas Fixiertes, Ruhendes, gewöhnlich im Raume angeschaut, aber in unserer [=Fichtes] intellektuellen Anschauung wurde nur ein Handeln angeschaut. Kant hatte sie, nur reflektierte er nicht darauf; Kants ganze Philosophie ist ein Resultat dieser Anschauung, denn er behauptet, dass die notwendigen Vorstellungen Produkte eines Handelns des Vernunftwesens sei, und nicht des Leidens.
Dies konnte er doch nur durch Anschauung haben. Bei Kant findet Selbstbewusstsein statt; Bewusstsein des Anschauens in der Zeit; wie kommt er dazu? Doch nur durch eine Anschauung, und diese ist doch wohl eine intellektuelle.
Den sinnlichen Anteil an der Anschauung nennt Fichte Gefühl, Leiden: ein unfreier Zustand. Anschauen ist - als ein Reflektieren auf das Gefühl - ein Handeln, und geschieht aus Freiheit. (Kant hatte zwischen Anschauung und Sinnlichkeit noch nicht unterschieden.)
Nota II.
Die intellektuelle Anschauung gehört zu dem an seiner Stelle so genannten unmittelbaren Bewusstsein. Dieses finde statt im Handeln selbst, aber um sich 'anzuschauen', müsste es sich erst noch 'gegen sich selbst wenden', müsste sich repräsentieren und würde ipso facto mittelbar. Dies eben wäre intellektuelle Anschauung.
Das kann es an dieser Stelle noch nicht; um sich 'selbst' zu setzen, muss er sich ein Objekt entgegen gesetzt haben. Vorher ist er nicht Ich und kann auf sich nicht reflektieren und sich selbst zum Gegenstand wählen: Es muss das sinnliche Gefühl dazwischen getreten sein. Intellektuelle Anschauung ist erst als willkürlich freier Akt möglich; als der Entschluss, zu philosophieren.
Ich richte meine Aufmerksamkeit auf den Zustand der Ruhe, //33// in dieser Ruhe wird das, was eigentlich ein Tätiges ist, ein Gesetztes. Es bleibt keine Tätigkeit mehr, es wird ein Produkt; aber nicht etwa ein anderes Produkt, als die Tätigkeit selbst, kein Stoff, kein Ding, welches vor der Tätigkeit des Ich vorherging; sondern bloß das Handeln wird dadurch, dass es angeschaut wird, fixiert. So etwas heißt ein Begriff, im Gegensatz der Anschauung, welche auf die Tätigkeit als solche geht.
Nota. - Ein wesentlicher, von ihm gar nicht als solcher wahrgenommener Unterschied Fichtes zu allen vorangegangenen Philosophen ist die Entgegensetzung von Begriff und Vorstellung. Zuerst könnte man meinen, das wäre der erste Schritt einer möglichen Vernunftkritik; denn was kennzeichnet vernünftiges Denken gegenüber allem andern Meinen aus, wenn nicht der obligate Gebrauch definierter Begriffe und geprüfter Schlussregeln?
Doch auf den zweiten Blick wird man merken, dass man dazu bereits wissen muss, dass es einen solchen Gegensatz gibt, sobald einer reflektiert - und das wird man erst bei der Durchführung der Kritik erkennen. Und so dürfte er F. erst nach und nach gedämmert haben und ist ihm nie als der logische Bruch vorgekommen, den es tatsächlich bedeutet. Die Definition des Begriffs ist die Bestimmung dessen, was in der Vorstellung erst noch angeschaut wurde. Gewonnen wird die Bestimmtheit. Verloren geht die Anschauung des tätigen Moments. Der Begriff, der aus der Tätigkeit durch Bestimmung erst abstrahiert werden musste, erscheint nun als die Bedingung, die Tätigwerden überhaupt erst erlaubt.'Als ruhend' heißt: außerhalb des Zeitverlaufs; bloß im Raum heißt: als reine Form der Tätigkeit. - Es ist überhaupt nur dieses Vermögen, ein Tun 'als ruhend', als bloße Form aufzufassen und zum Begriff zu bilden, das die Vorstellung von einem An sich möglich macht.
In dieser in sich
zurückgehenden Tätigkeit, als ruhend angeschaut, fällt Subjekt und
Objekt zusammen, und dadurch entsteht das Positive, Fixierte. Dieses
Zusammenfallen beider, und wie dadurch die Anschauung in einen Begriff verwandelt wird, lässt sich nicht anschauen, sondern nur denken. Nur
die Anschauung lässt sich anschauen, nicht denken; das Denken lässt
sich nur denken, nicht anschauen. Jede Äußerung des Gemüts lässt sich
nur durch sich selbst auffassen. Dies bestätigt die oben aufgestellte
Theorie des Bewusstseins.
Die Scheidelinie zwischen den beiden markiert der Begriff. Und zwar nicht, ob ich ihn 'richtig' gebrauche, so wie alle anderen in derselben Situation; sondern sobald ich ihn mir vorsetze als Regel, wonach ich ihn konstruieren soll. Ich habe meine Anschauung gefasst heißt: Ich habe sie so auseinandergelegt, wie ich sie bei nächster Gelegenheit wieder zusammenzusetzen mir vornehme. Nun erst habe ich sie. Denn als Begriff ist er aus dem Zeitverlauf ausgeschieden, er ist 'im Raum' verfügbar geworden wie ein Rechenchip. Ich kann mit ihm operieren, ohne meine Einbildungskraft neu bemühen zu müssen; die vertrüge nämlich keine (Re-) Konstruktionsvorschrift.
Empirisch handelt es sich wohl um den Akt der Digitalisierung. Jedoch: Die Transzendentalphilosophie beschreibt nicht einfach, was geschieht, sondern will seinen Sinn deuten. Das ist kein bloßes Übersetzen aus der einen Sprache in die andere. Es ist - übrigens in beiden Richtungen - mehr als das.
- Und nie vergessen: Wir treten in der Wissenschaftslehre aus der Vorstellung nie hinaus. Sie bleibt überall immanent, sie ist Selbstaufklärung des Vorstellens. (Aber außerhalb des Vorstellens ist nichts weiter. - Oder alles, was es gibt, gibt es in der Vorstellung und durch die Vorstellung. Was ich mir nicht vorstellen kann, kann ich mir nicht einmal vorstellen.)
Bewusstsein der Anschauung haben ist philosophisches Genie. Alles Denken geht von der Anschauung aus, sonach muss auch alles Philosophieren von der Anschauung ausgehen.
Bei Kant heißt die Philosophie eine Vernunfterkenntnis aus Begriffen, dies kann aber bei ihm selbst nicht so sein, denn nach ihm ist jeder Begriff ohne Anschauung leer. Auch spricht er von transzendentaler Einbildungskraft, diese lässt sich nur anschauen.
Der Begriff entsteht mit der Anschauung zugleich in demselben Moment und ist von ihr unzertrennlich. Es scheint uns, als ob der erste eher hätte sein müssen, aber es scheint nur so, weil wir den Begriff auf eine Anschauung [rück]beziehen.
Die Wissenschaftslehre hat zum Gegenstand das uns heute gegebene System des Wissens. Dieses will sie verstehen: zurückführen auf seine immanenten Prämissen. Sie beschreibt nicht, wie dieses System in der historischen Wirklichkeit entstanden ist. Entstehen konnte es nur, indem aus den wirklich vorkommenden Vorstellungen progressiv alles für die Systembildung Unbrauchbare ausgeschieden wurde. Es ist Material einer historischen Darstellung. In einer Darstellung des fertigen Systems hat es nicht zu suchen.
In einer historischen Darstellung müsste gezeigt werden, dass und wie die Vorstellungen zu Begriffen erst wurden - durch progressives Ausscheiden des Unbrauchbaren im Verkehr.
Den Begriff des Ich zu entwerfen und zu bedenken, wie man dabei verfahre.
"Indem man der Aufforderung zu Folge das Verlangte tut, werde man, wurde behauptet, sich tätig finden – und seine Tätigkeit gerichtet finden auf das Tätige selbst. Sonach komme der Begriff des Ich zu Stande nur durch in sich selbst zurückgehende Tätigkeit, und umgekehrt, durch diese Tätigkeit komme kein anderer Begriff zu Stande als dieser. Indem man in dieser Tätigkeit sich beobachte, werde man derselben sich unmittelbar bewusst; oder: man setze sich als setzend.
Dieses als das einzige unmittelbare Bewusstsein sei als Erklärungsgrund alles anderen möglichen Bewusstseins voraus zu setzen.
Es heißt die ursprüngliche Anschauung des Ich (das Wort im sub- und objektiven Sinne genommen; denn Anschauung kann zweierlei heißen, α. Anschauung, die das Ich hat, dann ist das Ich das Subjekt, das Anschauende; oder β. Anschauung, die auf das Ich geht, dann ist die Anschauung das Objektive und das Ich das Angeschaute; hier wird das Wort zugleich in beiden Bedeutungen genommen.)
Man werde ferner bemerken, dass man sich nicht als handeln-könnend setzen könne, ohne diesem Handeln eine Ruhe entgegenzusetzen. Durch Setzen der Ruhe entsteht ein Begriff, und in diesem Falle der Begriff des Ich.“
Alles Bewusstsein ist begleitet von einem unmittelbaren Selbstbewusstsein, genannt intellektuelle Anschauung, und nur in Voraussetzung dessen denkt man. Das Bewusstsein aber ist Tätigkeit, und das Selbstbewusstsein insbesondere in sich zurückgehende Tätigkeit der Intelligenz, oder reine Reflexion.
Anmerkung.
Alles zufolge angestellter Selbstbeobachtung. Diese reine Reflexion als Begriff angesehen wird gedacht durch ich. Ich setze mich sonach schlechthin durch mich selbst, und durch dieses Selbstsetzen ist alles andere Bewusstsein bedingt.
In
diesem Collegio wird experimentiert, das heißt, die Vernunft wird
gezwungen, auf gewisse planmäßige Fragen zu antworten, die Resultate
unserer Experimente fassen wir dann in Begriffe zum Behuf der
Wissenschaft und des Gedächtnisses.
Im Begriff wird das, was als tätig angeschaut wurde, als ruhend gedacht – um im Gedächtnis aufbewahrt und andern mitgeteilt zu werden, fügt der Psychologe hinzu; denn als lebendige Tätigkeit war es nur ad hoc wahrnehmbar.
‚An sich‘ kommt gar nichts vor. Nur einem Bewusstsein kann etwas vorkommen. An sich ist nichts bestimmt oder unbestimmt; nur in einem Bewusstsein gibt es Bestimmtheit – und folglich Unbestimmtheit. Nur einem Bewusstsein ist etwas deutlich oder undeutlich.
Der Begriff des NichtIch ist kein Erfahrungsbegriff, er lässt sich nur aus der Handlung ableiten, durch die er konstruiert wird. Das NichIch ist ein bloß Gesetztes, etwas, das durch bloßes Sein bestimmt wird. (Tiefer unten wird der Begriff des Seins aus dem Begriff der Tätigkeit, der nicht weiter erklärt werden kann, abgeleitet werden.)
In diesem Zustande des Gemüts, den wir jetzt betrachten, gibt’s zwei abgesonderte Hälften, die eine ist die des Beabsichtigten, die andere die des notwendig Gefundenen, welches wir nennen wollen das Gegebne. Die Absicht war, eine Tätigkeit zu setzen, und es wurde Ruhe mitgefunden. Die Absicht war ferner, eine bestimmte Tätigkeit zu setzen, und es wurde ein bestimmbare mitgefunden. In der ersten Sphäre ist zweierlei enthalten: erstens in sich zurückgehende wirkliche Tätigkeit = A; zweitens, was durch diese Tätigkeit zu Stande gekommen ist = B. In der gegebenen [Sphäre] liegt abermals zweierlei: erstens bestimmbare Tätigkeit (id est bestimmbar zum wirklichen Handeln, denn in anderer Rücksicht mag sie selbst wieder bestimmbar sein) = C. Zweitens das durch diese bestimmte Tätigkeit hervorgebrachte //40// NichtIch = D.
Vermögen 'ist' nicht die Substanz der Tätigkeit, sondern wird als solche lediglich gedacht: Es ist ein Noumen und nicht die 'Seele' der Tätigkeit. Im Bild des springenden Pferdes ist nicht das Wesen des Pferdes realisiert, sondern wird lediglich das Pferd als möglicherweise springend angeschaut. Real ist nicht das Bild, sondern nur ein Pferd, das wirklich springt.
Alles Bewusstsein geht aus von dem oben angezeigten unmittelbare Bewusstsein (§1). Das durch und in diesem Bewusstsein sich selbst Setzende = A ist eine von uns, die wir philosophieren, mit Freiheit der Willkür hervorgebrachte Repräsentation des unmittelbaren Bewusstseins. (Das unmittelbare Bewusstsein ist in allem Bewusstsein das Bewusstseiende, aber nicht das, dessen man sich bewusst ist, das Auge sieht hier das Sehen des Auges). Die Repräsentation brachten wir hervor mit Willkür. Wir hätten auch von etwas anderem reden können; so haben wir zur Seite liegen lassen, ob es nicht in anderer Rücksicht mit Notwendigkeit repräsentiert werden könne. – Diese A, dieses Zu- schauen des sich Setzens, ist Anschauung, und zwar innere, intellektuelle Anschauung. –
Schon im ersten Paragraphen fanden wir, dass keine Anschauung, also auch die Anschauung A nicht, möglich ist ohne Begriff. Welcher Begriff muss mit der Anschauung A verknüpft werden? Etwa der beabsichtigte B? Offenbar nicht, denn der, den wir suchen, muss im Gegebenen liegen, dieser Begriff wäre sonach der, durch den die Anschauung A bedingt wird = C, das Bestimmbare oder ruhende Tätigkeit. Also C ist in Beziehung auf die Anschauung A der Begriff, der sie bedingt.
Dieser Begriff C ist nun in anderer Beziehung auch Anschauung zu nennen. Er ist das unmittelbare Bewusstsein selbst, das nicht angeschaut, sondern begriffen wird; nicht als Tätigkeit, sondern als Ruhe. Dieser Begriff ist das in der Anschauung A Nachgemachte. (Alles Anschauen ist ein Nachbilden.) Dieser Begriff ist der unmittelbare und höchste, gegründet auf die intellektuelle Anschauung, die als solche nie Objekt des Bewusstseins wird; aber wohl als Begriff, in diesem Begriff und vermittelst dieses Begriffes findet das Ich sich selbst und erscheint sich als gegeben.
Ich kann mich nicht anders begreifen denn als Ich, das heißt als sich selbst Setzendes, also als Anschauendes. Jener Begriff ist also der Begriff eines Anschauens und in dieser Rücksicht selbst Anschauung zu nennen. Das Ich ist sich selbst setzend (ein sich selbst setzendes Auge), und als solches wird //41// es begriffen, also begriffen als Anschauung. C ist Begriff in Beziehung auf A, Anschauung in Beziehung auf ein mögliches x. Ich finde mich anschauend als anschauend Etwas x. (Die innere und äußere Anschauung ist bei Kant nur sinnlich, das Ich erscheint bei ihm nur als bestimmt, bei mir aber als bestimmend.)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen