Es war schon im vorigen
Paragraphen die Frage nach dem Vereinigungsgrund des Begriffs mit dem
Ich; oder: Wie komme ich dazu zu sagen: Alles ist mein Begriff?
Das Ich war bisher ein
Fühlendes, es müsste auch das Begreifende sein; der Begriff müsste mit
dem Fühlen notwendig vereinigt sein, so dass eins ohne das andere kein
Ganzes ausmachte. Im Selbstgefühl ist Gefühl und Begriff vereinigt. Ich
bin gezwungen, die Dinge so anzusehen, wie ich sie ansehe; wie ich mich
selbst fühle, so fühle ich diesen Zwang mit.
So ist bisher das Ich
als das Begreifende selbst begriffen worden. Wir wollen jetzt weiter
gehen: Ich kann mich als Ich nur setzen, in wiefern ich mich tätig
setze. - Da das Gefühl nur Beschränkung sein soll, so kann ich mich als
Ich nicht fühlen, wenn nicht noch eine andere Tätigkeit hinzukommt.
Mithin lässt sich aus dem Gefühl allein das Bewusstsein nicht erklären,
also müsste ich mich in dem Begriffe des Y setzen als tätig. Das Ideale
gibt sich dem Gefühle hin; wie //103// dies zugehe, ist besonders Gegenstand unserer gegenwärtigen Untersuchung.
Von der logischen Darstellung unterscheidet sie, dass sie keine (durch wen? mit welchem Recht?) definierten Begriffe verwendet, denn die sind statisch und lassen sich nur durch die Schlussregeln verknüpfen, doch die sind rein formal. Die Absicht, in der sie verknüpft werden, kommt unkontrolliert von außen. Die Anwendung der Logik ist willkürlich, aber sie verbirgt es.
In der genetischen Darstellung gehen dagegen Vorstellungen aus einander hervor, das Vorstellen ist lebendige Tätigkeit, die selber absieht und die, nachdem sie A gesagt hat, B sagen müsste - sofern sie nicht ganz aufhören will. Ihr Forstschreiten ist notwendig. Die logische Darstellung ist statisch, die genetische ist dynamisch. Und wenn es darum geht, das Bewusstsein aus sich zu verstehen, ist die dynamische am Platz; aber nur da.
Ich setze mich als Ich heißt: Ich setzte mich als tätig. Das Materiale der Tätigkeit (was dabei angeschaut wird) ist ein Übergehen von der Bestimmbarkeit zur Bestimmtheit. (Das Formale ist die Selbstaffektion, sie gehört nicht hierher.) Das Ich soll im Begriff tätig gesetzt werden als von einer gewissen Unbestimmtheit zu einer gewissen Bestimmtheit übergehend. Beide müssen wir hier kennenlernen.
A) Das Bestimmte, wozu übergegangen wird, ist der Begriff eines bestimmten Dinges, aber ich selbst bin auch bestimmt in diesem Begriff, weil dieses Quantum meines Begreifens meinen Zustand* ausmacht.
Nicht eigentlich das Gefühl selbst, in dem er auch den Denkzwang unterbringen will, ist der problematische Begriff, sondern der Zustand: Der ist nämlich das als real gedachte Pendant zum begriffenen Ich. In jedem Fall geht es darum, Denkerfahrung und Sinnlichkeit in einander aufzulösen. Das ist bekanntlich ein uraltes Problem der Philosophie. Doch wenn er meint, er habe es schon dialektisch aufgelöst, dann irrt er sich; das ist er uns noch schuldig. Begreifen ist ein Sache der Erfahrung; die beruht zweitens auf der Sinnlichkeit und erstens auf dem, was bei Kant als Apriori vorkommt. Fichte nennt es Denkzwang.
(Wir bleiben stets im Reich der Vorstellung. Die Aufgabe ist weniger, den Denkzwang der Sinnlichkeit, als vielmehr die Sinnlichkeit dem Denkzwang zu assimilieren. Die Frage war doch: Wie kommt das Objekt in meine Vorstellung? Er hat sie lediglich umgekehrt: Wie komme ich zu der Annahme, dass meinen Vorstellungen Objekte außer mir entsprechen? Materialiter ist das dasselbe.)
B) Über die Entstehung dieses bestimmten Dinges, dieses bestimmten Begreifens, dieser meiner Bestimmtheit im Begreifen haben wir bisher dieses gesehen: Ich bin beschränkt, und zwar vollständig. Dieses vollständig zeigte eine Beschränktheit der Beschränktheit an. Die praktische Tätigkeit ist ganz aufgehoben, die ideale bleibt; das Wesen letzterer besteht nun darin, dass sie ein Objekt habe. In diesem Zustande ist praktische Beschränktheit oder Gefühl, und mit diesem Anschauung, denn beide sind notwendig verbunden. Nun aber ist die praktische Beschränktheit eine bestimmte, mithin auch diese Anschauung.
C. - Das bisher Gesagte ist zur Zeit nur für uns, die wir philosophieren, und bleibt so lange leer. Soll es etwas sein, so muss etwas für das Ich werden, worüber wir philosophieren. Wie wird es nun für das Ich? Wir haben gesagt: durch ein neues Gefühl X vom Zusammenhange der Anschauung Y mit dem Gefühl X: das Gefühl des Denkzwangs. Aber dies ist auch nichts, wenn es nicht für das Ich da ist; und der ganze Zustand ist für das Ich nur, in wiefern es sich in demselben das freie Übergehen versagt.
D. Das Ich gibt notwendig sich frei hin, versteht sich für sich als frei, es findet sich als frei, d. h. sein Hingeben ist mit der Vorstellung verbunden, dass es sich auch nicht hätte hingeben können. Aber es kann sich in diesem Hingeben nicht frei //104// setzen, wenn es sich nicht wirklich hin gibt, denn sonst ist für dasselbe nichts vorhanden. Ich bemerke irgend ein Objekt; dass ich es bemerke, geschieht mit Freiheit, denn ich sage, dass ich es auch nicht hätte bemerken können; aber dies kann ich nur sagen, indem ich es bemerkt habe.
Dadurch bekommt nun jenes X eine doppelte Ansicht. Einmal wird es betrachtet als eine Anschauung, die nicht Anschauung sein soll, das zweite Mal als eine Anschauung, die eine sein soll. Das erstemal ist es das Ding, das an sich auch ohne das Ich exisieren soll, das zweitemal die Vorstellung davon, die mit Freiheit hervorgebracht werden soll. Das Ding und die Vorstellung davon sind also ein und dasselbe, nur angeschaut von zwei Seiten. Das erstemal ist es das, wodurch die Vorstellung bedingt ist, das zweitemal ists die Vorstellung selbst.
Im gemeinen Bewusstsein äußert sich das so: Wenn auch Ich nicht wäre, so würde doch eine Welt sein. (Dies ist ein Schluss, und indem ich dies behaupte, setze ich mich unvermerkt hinzu.) Dadurch sind wir nun zum eigentlichen Kern der Objektivität gekommen, wir wissen nun, woher es komme, dass wir Dinge außer uns annehmen. Das erste, wobei die Freiheit nicht ist, haben wir genannt die Anschauung, die als solche blind ist und nicht zum Bewusstsein kommt; man nennt sie besser das Ding, weil man sich bei der Anschauung noch etwas hinzudenkt, welches angeschaut wird. Das zweite ist die Vorstellung vom Ding.
Das Ich setzt, dass mit dem Gefühle Y (welches auch nur für das Ich da ist, in wiefern es darauf geflektiert) die Anschauung Y notwendig verbunden sei, die aus der Beschränkung herausspringe. Durch die Verknüpfung der Anschauung mit dem Gefühle wird Y dem Ich ein reelles Ding. So ist unsere geschilderte Beschreibung des Transzendenten genommen, es wird Bedingung meines Bewusstseins, des bestimmten Bewusstseins der Realität. Was aus dem Gefühle erfolgt, heißt dem Ich Ding, Realität.
Anmerkung: Wir haben die Anschauungen X und Y als zwei Bestimmungen des Gemüts aufgestellt, wir mussten dies //105// tun, um in das Mannigfache, das vor uns lag, eine deutliche Einsicht zu bekommen, weil wir nur diskursiv denken können. Im menschlichen Geiste kommen diese Bestimmungen nicht so abgesondert vor. Erst in der Anschauung X (soweit wir jetzt sind, denn es wird sich zeigen, dass dies nicht zureicht) kommt ein Ich vor, also auch in ihr erst kann Y oder das Ding vorkommen; sonst müsste ein Ding sein, ohne dass Ich wäre, beides ist absurd. X und Y machen daher nicht zwei Zustände, sondern zwei Bestimmungen ein und desselben Zustandes aus.
Die Behauptung, aus dem Gefühle erfolgt ohne unser Zutun eine Anschauung, wäre transzendent. Es wird aber nur behauptet, das Ich muss nach den Vernunftgesetzen es so ansehen.
Der Brief Jacobis wird ihn an diesem Punkt aus der Bahn werfen, und in der Bestimmung des Menschen tut er daher stattdessen einen Sprung ('proiectio per hiatum irrationalem', wie er es polemisch bei Jacobi nennt), nämlich die existenzialistische Rettung im 'Glauben' - nicht aus Gründen, sondern wg. eines Motivs.
Zuvörderst, das Objekt ist ein solches, welches ein bestimmtes Gefühl erregt. z. B. grün, rot. Dies Prädikat, das dem Gegenstande beigelegt wird (z. B. es ist rot), wird nicht mehr angeschaut, sondern bloß gefühlt, und die Verknüpfung desselben mit dem Gegenstande geschieht in einem Zustand des Gemüts.
Ferner kommt dem Objekte zu der Charakter eines Objekts überhaupt; dass angeschaut wird, dass es der idealen Tätigkeit vorschwebt, dies gilt von allen Objekten, sowohl eingebildeten als reellen. Denn der eigentliche Charakter des Objekts, der Realität, [ist,] dass es gesetzt ist zufolge des Gefühls. Von den übrigen Eigenschaften, sie ihm etwa noch zukommen können (z. B. Ausdehnung im Raume), [reden wir] in der Zukunft. Dass ein Objekt im Raume ist und in demselben einen Ort einnimmt, dies folgt aus der Anschauung, das Geühl aber ist in uns und wird auf den Gegenstand, der außer uns sein soll, übertragen. Der äußere Gegenstand ist Deutung unseres Gefühls.
In der Wahrheit kommt sonach das Ich ungeteilt vor, gleichsam als ein System, wo aus einem alles andre notwendig folgt. Aus dem Zustande des Gefühls folgt eine gewisse Anschauung, und dies ist Wahrheit. Wenn ich mir aber etwas erdichte, so geht der Zustand des Gefühls und der Anschauung jedes seinen eigenen Weg, in sofern ist das Ideale und das Fühlende gleichsam von einander gerissen, und dann ist meine Vorstellung keine Wahrheit. Wahrheit ist Übereinstimmung mit uns selbst, Harmonie.
Und umgekehrt kann von Ichheit nur die Rede sein, wo "Übereinstimmung" gegeben ist; wo Gefühl und Anschauung 'jedes seinen eigenen Weg geht', ist das Ich gespalten, und also keines.
Zwischen beiden liegt das Handeln.
Die Wissenschaftslehre weicht darin von Kants Buchstaben ab, dass sie den Vorstellungen von Gott pp. eben sowohl objektive Gültigkeit zugesteht als den Vorstellungen von der Welt. Kant sagt in seinem Aufsatze über den vornehmen Ton, dass man Gott sich mache, allerdings, aber man macht sich auch die Welt, beide sind abhängig von der Vernunft. Nur für die Vernunft gibts eine Welt und einen Gott, doch gibts zwei beträchtliche Unterschiede dieser Vorstellungen.
1) Auf die Vorstellungen der Welt muss jeder reflektieren, so gewiss er ist, aber die Vorstellungen von einem Gott setzen schon moralische Bildung voraus.
//107// 2) Die Weltvorstellungen werden durch alle Vernunftgesetze bestimmt, aber nicht die von Gott. Gott kann man nicht bestimmem, man kann ihn nur anschauen. Von Gott gibts keinen Begriff, sondern nur eine Idee.
Kant geht besonders aufs Erkennen aus, und Objekt ist ihm, was ein Gegenstand des Erkennens [ist]. In dieser Rücksicht stimmt die Wissenschaftslehre auch mit Kants Buchstaben überein, und in diesem Sinne sind die Vorstellungen von Gott nicht objektiv. Realität heißt bei Kant, was im Raume ist. Dies ist aber eigentlich Materie, und in diesem Sinne kommt Gott keine Realität zu.
Kant hatte die Objektivität der Welt in der apriorischen Anschauung vom Raum begründet, Fichte gründet sie unmittelbar im Ich. Kant konnte die Objektivität der Gottesvorstellung nicht im Raum begründen, Fichte will sie wiederum unmittelbar im Ich begründen: im Gefühl des Strebens. Doch im Gefühl des Strebens kann er lediglich die Idee eines Zwecks-überhaupt, Zwecks der Zwecke, eines absoluten Wozu usw. begründen, die qua Idee ein bloßes Noumenon, ein Fiktion darstellt, von der 'gar nicht vorgegeben wird, dass ihr etwas Wirkliches entspreche'.
Er will aber auf die Vorstellung Gottes als ein Bild des Sittengesetzes hinaus. Da müsste zur Objektivität der Idee vom Zweck-an-sich noch etwas Subjektives hinzutreten, das nicht notwendig, sondern willkürlich wäre; er sagt es selbst: eine "moralische Bildung". - Seine Argumentation wäre schlüssiger geblieben, wenn er auf diesen Beisatz verzichtet hätte.
Das Begreifen ist eine
freie und als frei gesetzte Reflexion auf die vorher gesetzte Anschauung
(Y). Aber die Freiheit der Reflexion auf sie kann nicht gesetzt werden,
außer in wiefern sie überhaupt erst gesetzt ist.
Wir erhalten somit eine
doppelte Ansicht der Reflexion und mit ihr des Gegenstandes (die
doppelte Ansicht der Reflexion nämlich ist für den Philosophen, die des
Gegenstandes für das Ich). Einmal die Reflexion als solche, ohne dass
über sie reflektiert weden, und dies gibt das ohne Zutun des Ich
vorhandne Ding, einmal die Reflexion als eine Bestimmung der Freiheit
und selbst reflektiert, und dies gibt die Vorstellung des Dinges.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen