Im vorigen Paragraphen war C nur Begriff, hier ist es Begriff und Anschauung. In der Folge wird es Anschauung sein; es kann Verschiedenes bedeuten, je nachdem es in verschiedenem Verhältnisse gesetzt wird.
Das Ich in C wurde gefunden als sich selbst setzend; wurde in C nicht in Tätigkeit, sondern in Ruhe gefunden, als ein sich selbst setzendes Gesetztes. Seine Tätigkeit als solche ist aufgehoben, sie ist eine ruhende Tätigkeit, die aber doch eine Anschauung ist und bleibt. Wie nun allenthalben die Anschauung einem Begriffe entgegesteht und sie selbst nur durch diesen Begriff möglich ist, so ists auch hier. Dies [dem] C Entgegengesetzte ist nun das, was wir oben D nannten. Der Charakter des Begriffs überhaupt ist Ruhe, nun ist C als Anschauung betrachtet schon Ruhe, da nun D in Rücksicht auf C Ruhe ist, so ist es Ruhe der Ruhe; was ist nun D?
Indem C dem D entgegengesetzt wird, ist es allerdings Tätigkeit, die durch freie Selbstbestimmung zur wirklichen Tätigkeit hervorgerufen werden kann. Es ist Tätigkeit dem Wesen nach (C ist Tätigkeit des Ich als Substanz betrachtet, wovon weiter unten, denn hier bleibt es bloße Redensart.) Das Gegenteil dieser Tätigkeit D wäre nun reelle Negation von Tätigkeit, nicht bloß Privation, die Tätigkeit Aufhebendes, Vernichtendes, nicht Zero, sondern negative Größe. Dies ist der wahre Charakter des eigentlichen Seins, dessen Begriff man mit Unrecht für einen ersten unmittelbaren gehalten hatte – denn der einzige unmittelbare Begriff ist der der Tätigkeit.
Sein negiert in Beziehung auf ein außer dem Sein gesetztes Tätiges; durch Sein wird Machen aufgehoben. Was ist, kann nicht gemacht werden. Sein negiert Zweck in Beziehung auf das Setzende; was ich bin, kann ich nicht werden.
So hat der gemeine Menschenverstand, ohne es zu wissen, die Sache immer genommen. Mit der Existenz der Welt wollte er sich nicht begnügen, er stieg zu einem Schöpfer auf.
Sein ist Charakter des NichtIch, der Charakter des Ich ist Tätigkeit, der Dogmatismus geht vom Sein aus und erklärt dies fürs Erste, Unmittelbare.
Indem die Tätigkeit des Ich ruhend ist in C, ist die Tätigkeit des Ich vernichtet durch das NichtIch. Jene Tätigkeit in C, die nicht eigentlich Tätigkeit ist, die man aber nennen kann die Substanz des Ich, zeigt sich wenigstens in so fern als Tätigkeit, dass sie eine Anschauung ist. Das Entgegengesetzte wäre sonach keine Anschauung, es wäre reelle Negation des Anschauens, ein Angeschautes; dies wäre abermals der Charakter des NichtIch, daher ist das NichtIch als Ding an sich eine Absurdität. Es muss immer bezogen werden auf ein Anschauendes.
Wir haben oben gesehen: Auf der Notwendigkeit des Entgegensetzens beruht der ganze Mechanismus des menschlichen Geistes; die Entgegengesetzten sind ein und dasselbe, nur angesehen von verschiedenen Seiten. Das Ich, welches in dem Beabsichtigten liegt, und das NichtIch, welches in dem Gegebenen liegt, sind ein und dasselbe. Es sind nur zwei unzertrennliche Ansichten darum, weil das Ich Subjekt-Objekt sein muss. Aus letztem Satze geht alles hervor.
Aus der ursprünglichen Anschauung entstehen zwei Reihen, die subjektive oder das Beabsichtigte und das Objektive oder das Gefundene; beide können nicht getrennt werden, weil sonst keine von beiden ist. Beide Ansichten desselben, subjektive und objektive, sind beisammen, heißt: Sie sind nicht nur in der Reflexion unzertrennlich, sondern sie sind auch als Objekte der Reflexion eins und dasselbe. Die Tätigkeit, die in sich zurückgeht, welche sich selbst bestimmt, ist keine andere als die bestimmbare, es ist dieselbe und unzertrennliche.
Das NichtIch ist also nichts anderes als eine andere Ansicht des Ich. Das Ich als Tätigkeit betrachtet gibt das Ich, das Ich in Ruhe betrachtet das NichtIch. Die Ansicht des Ich //43// als Tätiges kann nicht stattfinden ohne die Ansicht des Ich als Ruhenden [sic], d. h. NichtIch. Daher kommts, dass der Dogmatismus, der das Ich nicht in Tätigkeit denkt, gar kein Ich hat. Sein Ich ist Akzidens des NichtIch. Der Idealismus hat kein NichtIch, das NichtIch ist ihm nur eine andere Ansicht des Ich. Im Dogmatismus ist das Ich eine besondere Art vom Dinge, im Idealismus das NichtIch eine besondere Weise, das Ich anzusehen.
§ 2 (diktiert 1798)
Jene Tätigkeit der Reflexion als solche, durch welche die Intelligenz sich selbst setzt, wird, wenn sie angeschaut wird, angeschaut als eine sich bestimmende Agilität, und diese wird angeschaut als ein Übergehen aus dem Zustande der Ruhe und Unbestimmtheit, die jedoch bestimmbar ist, zu dem der Bestimmtheit. Diese Bestimmbarkeit erscheint hier als das Vermögen, Ich oder NichtIch zu denken, und es werden sonach in dem Begriffe der ersten die beiden letzten Begriffe notwendig mitgedacht und einander gegenüber gesetzt. Beide Begriffe erscheinen sonach bei Erregung der selbsttätigen Reflexion als etwas unabhängig von derselben Vorhandenes, und der Charakter des NichIch ist das Sein, eine Negation.
Und wenn nicht, finden sie sich dort nicht zurecht. Insofern ist die Wissenschaftslehre auch eine pädagogische Doktrin.
Hatten wir hier [Grundlage...] etwas postuliert, so wäre es das Erkenntnis überhaupt des Übergehens vom Ich zum Vorgestellten. Dass diese Erkenntnis, dies Objektive bestimmt sein müsse, ist in der Anschauung nachgewiesen. Aus dieser notwendigen Bestimmtheit ist Bestimmbarkeit und aus dieser das NichIch deduziert. In diesem Stücke nun [WL nova methodo] ist der beobachtete Gang völlig umgekehrt. Es wird da ausgegangen vom Entgegensetzen des NichtIch, und es wird postuliert als absolut (§2). Aus diesem Entgegensetzen wird das Bestimmen abgeleitet (§3). Beide Wege sind richtig; denn die notwendige Bestimmtheit des Ich und das notwendige Sein des NichtIch stehen im Wechsel. Man kann von einem zum andern übergehen. Beide Wege sind möglich.
Aber gegenwärtiger hat die Vorzüge: Die Bestimmtheit des Ich ist zugleich Verbindungsmittel zwischen Ich und NichtIch. Was nach der gegenwärtigen Darstellung Verhältnis zwischen Bestimmtheit und Bestimmbarkeit genannt wurde, heißt im Buch Quantität, zuweilen auch Quantibilität. Dies hat zu Missverständnissen Veranlassung gegeben. Quantität hat eigentlich nur das Setzende. Aber davon ist hier noch gar nicht die Rede. Der 3. Paragraph würde jetzt der 2. sein, und umgekehrt. Mit dem NichtIch ist abermal[s] ein anderer Weg eingeschlagen worden, das NichIch ist nicht unmittelbar, sondern mittelbar postuliert worden.
P. 18, N.1. Durch diesen Satz wird das absolute Entgegensetzen überhaupt nachgewiesen.
P. 20, N.6. Das Entgegensetzen. Man kann Handeln nicht setzen //45// ohne Ruhe, Bestimmtes nicht ohne Bestimbares, Ich nicht ohne NichtIch, und daher kommt Einheit des Handelns und Einheit des Bewusstseins heraus.
P. 21, N.9. Hier wird erwiesen das absolute Entgegensetzen. Wenn dies unmöglich wäre, wem könnte etwas entgegengesetzt werden? Das Ich ist absolut gesetzt, also das absolut Entgegengesetzte ist das NichtIch.
P. 23, § 3. „mit jedem Schritte“ pp, es ist eigentlich nur von einem Deutlichmachen dessen, was in uns vorgeht, die Rede, es wird in der alten Weise fortgegangen und nur analysiert.
P. 24, N.1. „insofern“. In dem insofern liegt schon das, was abzuleiten ist, mit drin. Insofern bedeutet Quantität, [=] Sphäre. Man könnte sagen: Wenn das NichtIch gesetzt ist, so ist das Ich nicht gesetzt. Nun soll in dem Bewusstsein das NichtIch vorkommen, und in demselben Bewusstsein auch das Ich; denn das NichtIch setzt nichts ohne ein Ich. Ein Gegenteil versteht man nicht, ohne sein Gegenteil mitzusetzen.
P. 26, N.1. Da nun Entgegengesetztes beisammen bestehen soll, so muss das Ich das Vermögen haben, Entgegengesetztes zusammen zu setzen in demselben Akt des Bewusstseins, weil eins ohne das andere nicht möglich ist. Im Ich ist das Vermögen, synthetisch zu verfahren.
Synthesis soll heißen zusammensetzen; nun kann aber nur zusammengesetzt werden, was entgegengesetzt ist. Soll nun in einem Akt zusammengesetzt werden, so muss [das Ich] in einem Akte Entgegengesetztes, also ein Mannigfaltiges zu Stande bringen können; mithin muss ein solcher Akt einen Umfang haben. Dieser Umfang des Akts nun, in welchem Mannigfaltiges zusammengesetzt wird und wodurch es möglich wird, wird im Buch [Grundlage] genannt Quantitäts fähigkeit.
Im Bewusstsein dieses Handelns liegt das, wovon übergegangen wird; das, wozu übergegangen wird, und das Handeln selbst. Das Bewusstsein ist kein Akt, es ist ruhend, in ihm ist Mannigfaltigkeit, über welche das Bewusstsein gleichsam hinüber geführt wird. Im Bewusstsein ist alles zugleich vereinigt und getrennt. Dies bedeutet die Schranken, Teilbarkeit, Quantitätsfähigkeit. P. 28, N.8.
P. 30 Es ist bloß bewiesen, wenn das Ich zum Bewusstsein kommen solle, so müsse es ein NichtIch setzen, aber es ist nicht bewiesen, dass es dazu kommen solle.
Die im Hochschulbetrieb noch heute gepflogenen Vorlesungen heißen so, weil sie noch zu Kants Zeiten tatsächlich vorgelesen (und nach Bedarf kommentiert) wurden: aus den Kompendien, deren Benutzung die Fakultät den Lehrern vorgeschrieben hatte. Die waren viel zu teuer, als dass die Studenten sie sich hätten selber beschaffen können, und die Bibliotheken waren spärlich bestückt. Die Vorlesung ersetzt das Lehrbuch.
Fichte hat nun die Wissenschaftslehre zum erstenmal 1793/94 'gelesen', nicht nach einer Vorlage, die es dafür ja nicht geben konnte, sondern nach den bogenweise an die Hörer ausgelieferten Grundlagen der gesamten Wissenschaftslehre, die so nach und nach entstanden. Dass ein Text, der auf diese Weise zustandekommt, zu wünschen lässt, ist normal, Fichte hat es sogleich bemerkt. Doch zu einer neuen schriftlichen Ausarbeitung der Wissenschaftslehre ist es nie gekommen - Fichte meinte bald, für eine Öffentlichkeit, die absichtlich falsch liest, dürfe man gar nicht schreiben. So hat er bis zum Schluss die Wissenschaftslehre nur mündlich und anhand der Grundlagen von 1793/94 vorgetragen. Krause hat F's Erläuterungen an dieser Stelle mitgeschrieben.
Hier sei auf seine Erläuterung zur 'Quantität' hingewiesen, die ansonsten verwirrend wäre. Gemeint ist, dass eine Sache X in sich als ein Mehr- und Vielfaches unterschieden werden kann: Quantabilität ist in der Tat der bessere Ausdruck.
Insgesamt bezeugt dieser Absatz, wie F. in seiner kritischen Zeit die methodologische und wissenslogische Problematik nie aus dem Blick verlor.
JE
Jenes Übergehen als solches wird angeschaut als seinen Grund schlechthin in sich selbst habend, die Handlung dieses Übergehens heißt drum reale Tätigkeit, welche der idealen, die die erste bloß rein abbildet, entgegengesetzt wird; sonach wird die Tätigkeit des Ich in diese beiden Arten derselben eingeteilt.
Nach dem Grundsatze der Bestimmbarkeit ist ein reales Handeln nicht zu setzen ohne ein reales oder praktisches Vermögen. Reale und ideale Tätigkeit sind durch einander bedingt und bestimmt, eine ist nicht ohne die andre, und was die eine sei, lässt sich bloß durch die andere begreifen. In diesem Akte der Freiheit wird das Ich sich selbst Objekt. Es entsteht ein wirkliches Bewusstsein, an dessen Punkt von nun an alles angeknüpft werden muss, was Objekt desselben sein soll. Die Freiheit ist sonach der erste Grund und die erste Bedingung alles Seins und alles Bewusstseins.
Die Handlung des sich selbst Setzens des Ich ist ein Übergehen von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit. Wir müssen //47// darauf reflektieren, wie das Ich es macht, um von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit überzugehen.
1) Hier gibt es keine Gründe; wir sind an der Grenze aller Gründe. Man muss nur zusehen, was man da erblicke. Jeder wird sehen: Es gibt da kein Vermittelndes. Das Ich geht über, weil es übergeht, es bestimmt sich, weil es sich bestimmt, dies Übergehen geschieht durch einen sich selbst begründenden Akt der absoluten Freiheit.
Es ist ein Erschaffen aus nichts, ein Machen dessen, was nicht war, ein absolutes Anfangen. In der Unbestimmtheit liegt nicht der Grund der nachfolgenden Bestimmtheit, denn beide heben sich auf. Im Moment A war ich unbestimmt, mein ganzes Wesen wurde in dieser Unbestimmtheit aufgehoben. Im Moment B bin ich bestimmt, es ist etwas Neues da; diese kommt aus mir selbst: Das Übergehen geht in einen in sich selbst begründeten Akt der Freiheit über.
Nota II.
Der Transzendentalphilosoph Fichte hätte diese Darstellung als transzendent und eo ipso als dogmatisch ver- worfen. Er hätte vielmehr gesagt: Das sich-Setzen des Ich als das grundlose Übergehen vom Unbestimmten zum Bestimmteren ist selbst der Anfang der Vernunft; nur als ein solches hat das Wort Vernunft überhaupt eine Bedeutung.
Die Aufgabe, die die Wissenschaftslehre sich gestellt hat, war nicht das transzendent-dogmatische Projekt, die Welt und alles, was in ihr vorkommt, aus ihren Ursachen zu erklären; nämlich so, dass aus der Ersten Ursache alles andere mit Notwendigkeit erfolgen musste. Das hatten die metaphysischen Systeme vor Kants kopernikanischer Wende versucht.
Die Transzendentalphilosophie wusste sich damit zu bescheiden, das vorgefundene Faktum der Vernunft zu erklären. Sie muss nicht erklären, weshalb ein Ich 'sich gesetzt hat': Es hat es getan, das ist das Faktum, von dem wir ausehen müssen. Dass das Auftreten der Vernunft in der Welt notwendig war, kann und darf sie gar nicht behaupten, denn dazu müsste sie hinter die Vernunft zurückgreifen - vor den Punkt, als 'es' sie 'gab'. Dazu müsste sie der Vernunft entraten. Die war aber Ausgangs- und Zielpunkt der Transzendentalphilophie.
Ich, das Anschauende, idealiter Tätige,
finde nun diesen Akt der absoluten Freiheit. Aber ich kann ihn nicht
finden noch ihn beschreiben, ohne ihm etwas entgegenzusetzen. Ich
bestimme mich selbst heißt: Ich erhebe eine Möglichkeit zur
Wirklichkeit, ein Vermögen zur Tat. Den Akt der Selbstbestimmung durch
absolute Freiheit bestimme ich durch ein Vermögen, mich durch absolute
Freiheit zu bestimmen. Vermögen soll heißen, Möglichkeit zur Tätigkeit;
dies kann man aber nicht verstehen, ohne das Reflexionsgesetz
aufzustellen, wodurch der Begriff desselben entsteht.
Vermögen ist
nichts als die Tätigkeit, auf eine andere Art angeschaut. Jeder Akt wird
nur angeschaut, indem er durch ein Vermögen erklärt wird, so ists auch
beim Akt der absoluten Freiheit. Ein Vermögen ist nicht ohne Tätigkeit
und eine Tätigkeit nicht ohne Vermögen: Beide sind eins, sie werden nur
aufgefasst von verschiedenen Seiten. Als Anschauung aufgefasst, gibt’s
die Tätigkeit, als Begriff das Vermögen.
Die reale Tätigkeit ist wahre Tätigkeit, die ein Handeln ist. Die ideale Tätigkeit kann auch in Bewegung sein, kann auch sein ein Übergehen; und beim Anschauen der Freiheit ist die ideale Tätigkeit wirklich ein solches Übergehen, nämlich dieses Übergehen ist ein Anschauen nicht durch das Anschauen selbst, sondern es folgt aus dem Objekte, das angeschaut wird. Hier ists die Freiheit. Es ist im Anschauen nur ein Abdruck, ein Nachbild. Die ideale Tätigkeit hat den Grund ihres Bestimmtseins nicht in sich selbst, wie die reale, sie ist daher ruhend. Der Grund der idealen Tätigkeit liegt in dem Realen, das sie vor sich hat.
Anschauen der Freiheit ist nichts anderes als die pp. intellektuelle Anschauung. Schaut die ideale Tätigkeit sonst auch die reale Tätigkeit wie ein ruhendes Objekt, wie ein abgeschlossenes Geschehen an, so kann sie sich das ursprüngliche Selbstsetzen des Ich nur tätig einbilden.
A) Keine reale Tätigkeit des Ich ohne ideale. Denn das Wesen des Ich besteht in dem sich selbst Setzen; soll die Tätigkeit des Ich real sein, so muss sie durch das Ich sein; das aber, wodurch sie gesetzt wird, ist die ideale.
Dem Naturobjekte schreiben wir Kraft zu, aber nicht Kraft für sich, weil es kein Bewusstsein hat. Nur das Ich hat Kraft für sich.
B) Umgekehrt keine ideale Tätigkeit des Ich ohne reale. Eine ideale Tätigkeit ist eine durch das Ich gesetzte, die wieder Objekt der Reflexion geworden ist und wieder durch ideale Tätigkeit vorgestellt wird. Sonst wäre das Ich wie ein Spiegel, der wohl vorstellt, aber sich selbst nicht wieder vorstellt. – Dies wieder-Objekt-Sein der idealen Tätigkeit ist mit dem Ich postuliert. Aber dies Objektmachen geschieht durch reale Tätigkeit. Ist letztere nicht, so ist kein Selbstanschauen der idealen Tätigkeit möglich. Die ideale Tätigkeit hätte nichts ohne die reale, und sie wäre nichts, wenn ihr nicht durch reale [Tätigkeit] etwas hingestellt würde.
//49// C) Unvermerkt haben wir das oben Angezeigte; nämlich das unmittelbare Bewusstsein ist gar kein Bewusstsein, es ist ein dumpfes sich selbst Setzen, aus dem nichts herausgeht; eine Anschauung, ohne dass angeschaut würde. Die Frage, wie kommt das Ich dazu, aus dem unmittelbaren Bewusstsein herauszugehen und sich das Bewusstsein zu bilden, ist hier beantwortet. Soll das Ich sein, so muss das unmittelbare Bewusstsein wieder gesetzt werden durch absolute Freiheit. Dieses vor sich Hinstellen durch absolute Freiheit ist frei; aber unter der Bedingung, dass das Ich sein soll, ists notwendig.
Die ideale Tätigkeit wäre sonach Produkt des praktischen Vermögens, und das praktische Vermögen wäre der Existenzialgrund der idealen [Tätigkeit]. Man denke sich beide aber ja nicht abgesondert. Das Ideale ist das Subjektive beim Praktischen, das dem Praktischen Zusehende, und da für das Ich nur etwas ist, in wie fern es zusieht, so ist auch nur durch die ideale Tätigkeit etwas für das Ich da.
Ich affiziere mich selbst, ich, der realiter Tätige. Ich bin unbestimmt, ich werde bestimmt, ich werde bestimmt [sic] ich mache mich dazu, ich fasse und ergreife mich realiter; dieses Affizieren ist, weil es ein sich selbst affizierendes [sic] Ich ist, mit der idealen Tätigkeit, mit dem Anschauen, kurz mit dem Bewusstsein begleitet. Dieses Bewusstsein wird eben darum, weil es ein Bewusstsein ist, zur Anschauung seiner selbst.
Unmittelbar mit der Freiheit ist das Bewusstsein verknüpft, und es gibt nichts andres, woran das Bewusstsein geknüpft werden könnte. Die Freiheit ist das erste und unmittelbare Objekt des Bewusstseins. Alles Bewusst-sein ist etwas in sich zurückgehendes. Der gemeine Menschenverstand erkennt //50// dies an, wenn er sagt: Ich bin mir etwas bewusst. Würde das Ich nur als Subjekt gedacht, so würde nichts erklärt, man müsste wieder ein neues Subjekt zu diesem Subjekt suchen und so in das Unendliche, es muss daher als Subjekt-Objekt gedacht werden.
Der Idealist sagt: Das Objekt wird gemacht. Diese Antwort aber, so aufgestellt, löst auch nichts. Denn wenn auch das Objekt Produkt des Ich als realtätiges Wesen ist, so ist das Ich, inwiefern es real tätiges Wesen ist, kein ideales; dies Produkt, das das wirkende Ich hervorbrächte, wäre dem Vorstellenden gegeben, und wir wären wieder bei dem Vorigen. –
Die Frage kann nur so beantwortet werden: Das Anschauende und das Machende sind unmittelbar eins und dasselbe. Das Anschauende sieht seinem Machen zu. Es ist kein Objekt als Objekt unmittelbar Gegenstand des Bewusstseins, sondern nur das Machen, die Freiheit. Der Satz: Das Ich setzt sich selbst, hat zwei unzertrennliche Bedeutungen, eine ideale und eine reale, welche beide in dem Ich schlechthin vereinigt sind. Kein ideales Setzen ohne reales Selbstanfangen, und umgekehrt. Kein Selbstanschauen ohne Freiheit et vice versa. – Ohne Selbstanschauung auch kein Bewusstsein.
So kommt nun vorwärts und rückwärts dasselbe, nur unter zwei Ansichten, und der Akt der Freiheit ists, um welchen sich alles herum dreht. Der Akt ist nun nicht möglich, wenn ihm nichts zur Rechten liegt, die Bestimmbarkeit, das unmittelbare Bewusstsein. Auf der Linken liegt das, was hervorgebracht werden soll, das angeschaute Ich, beides ist nicht von einander zu trennen, beides hängt ab von der absoluten Freiheit.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen