Jenes Übergehen als solches wird angeschaut als seinen Grund schlechthin in sich selbst habend, die Handlung dieses Übergehens heißt drum reale Tätigkeit, welche der idealen, die die erste bloß rein abbildet, entgegengesetzt wird; sonach wird die Tätigkeit des Ich in diese beiden Arten derselben eingeteilt.
Nach dem Grundsatze der Bestimmbarkeit ist ein reales Handeln nicht zu setzen ohne ein reales oder praktisches Vermögen. Reale und ideale Tätigkeit sind durch einander bedingt und bestimmt, eine ist nicht ohne die andre, und was die eine sei, lässt sich bloß durch die andere begreifen. In diesem Akte der Freiheit wird das Ich sich selbst Objekt. Es entsteht ein wirkliches Bewusstsein, an dessen Punkt von nun an alles angeknüpft werden muss, was Objekt desselben sein soll. Die Freiheit ist sonach der erste Grund und die erste Bedingung alles Seins und alles Bewusstseins.
Die Handlung des sich selbst Setzens des Ich ist ein Übergehen von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit. Wir müssen //47// darauf reflektieren, wie das Ich es macht, um von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit überzugehen.
1) Hier gibt es keine Gründe; wir sind an der Grenze aller Gründe. Man muss nur zusehen, was man da erblicke. Jeder wird sehen: Es gibt da kein Vermittelndes. Das Ich geht über, weil es übergeht, es bestimmt sich, weil es sich bestimmt, dies Übergehen geschieht durch einen sich selbst begründenden Akt der absoluten Freiheit.
Es ist ein Erschaffen aus nichts, ein Machen dessen, was nicht war, ein absolutes Anfangen. In der Unbestimmtheit liegt nicht der Grund der nachfolgenden Bestimmtheit, denn beide heben sich auf. Im Moment A war ich unbestimmt, mein ganzes Wesen wurde in dieser Unbestimmtheit aufgehoben. Im Moment B bin ich bestimmt, es ist etwas Neues da; diese kommt aus mir selbst: Das Übergehen geht in einen in sich selbst begründeten Akt der Freiheit über.
Nota II.
Der Transzendentalphilosoph Fichte hätte diese Darstellung als transzendent und eo ipso als dogmatisch ver- worfen. Er hätte vielmehr gesagt: Das sich-Setzen des Ich als das grundlose Übergehen vom Unbestimmten zum Bestimmteren ist selbst der Anfang der Vernunft; nur als ein solches hat das Wort Vernunft überhaupt eine Bedeutung.
Die Aufgabe, die die Wissenschaftslehre sich gestellt hat, war nicht das transzendent-dogmatische Projekt, die Welt und alles, was in ihr vorkommt, aus ihren Ursachen zu erklären; nämlich so, dass aus der Ersten Ursache alles andere mit Notwendigkeit erfolgen musste. Das hatten die metaphysischen Systeme vor Kants kopernikanischer Wende versucht.
Die Transzendentalphilosophie wusste sich damit zu bescheiden, das vorgefundene Faktum der Vernunft zu erklären. Sie muss nicht erklären, weshalb ein Ich 'sich gesetzt hat': Es hat es getan, das ist das Faktum, von dem wir ausehen müssen. Dass das Auftreten der Vernunft in der Welt notwendig war, kann und darf sie gar nicht behaupten, denn dazu müsste sie hinter die Vernunft zurückgreifen - vor den Punkt, als 'es' sie 'gab'. Dazu müsste sie der Vernunft entraten. Die war aber Ausgangs- und Zielpunkt der Transzendentalphilophie.
Ich, das Anschauende, idealiter Tätige,
finde nun diesen Akt der absoluten Freiheit. Aber ich kann ihn nicht
finden noch ihn beschreiben, ohne ihm etwas entgegenzusetzen. Ich
bestimme mich selbst heißt: Ich erhebe eine Möglichkeit zur
Wirklichkeit, ein Vermögen zur Tat. Den Akt der Selbstbestimmung durch
absolute Freiheit bestimme ich durch ein Vermögen, mich durch absolute
Freiheit zu bestimmen. Vermögen soll heißen, Möglichkeit zur Tätigkeit;
dies kann man aber nicht verstehen, ohne das Reflexionsgesetz
aufzustellen, wodurch der Begriff desselben entsteht.
Vermögen ist
nichts als die Tätigkeit, auf eine andere Art angeschaut. Jeder Akt wird
nur angeschaut, indem er durch ein Vermögen erklärt wird, so ists auch
beim Akt der absoluten Freiheit. Ein Vermögen ist nicht ohne Tätigkeit
und eine Tätigkeit nicht ohne Vermögen: Beide sind eins, sie werden nur
aufgefasst von verschiedenen Seiten. Als Anschauung aufgefasst, gibt’s
die Tätigkeit, als Begriff das Vermögen.
Die reale Tätigkeit ist wahre Tätigkeit, die ein Handeln ist. Die ideale Tätigkeit kann auch in Bewegung sein, kann auch sein ein Übergehen; und beim Anschauen der Freiheit ist die ideale Tätigkeit wirklich ein solches Übergehen, nämlich dieses Übergehen ist ein Anschauen nicht durch das Anschauen selbst, sondern es folgt aus dem Objekte, das angeschaut wird. Hier ists die Freiheit. Es ist im Anschauen nur ein Abdruck, ein Nachbild. Die ideale Tätigkeit hat den Grund ihres Bestimmtseins nicht in sich selbst, wie die reale, sie ist daher ruhend. Der Grund der idealen Tätigkeit liegt in dem Realen, das sie vor sich hat.
Anschauen der Freiheit ist nichts anderes als die pp. intellektuelle Anschauung. Schaut die ideale Tätigkeit sonst auch die reale Tätigkeit wie ein ruhendes Objekt, wie ein abgeschlossenes Geschehen an, so kann sie sich das ursprüngliche Selbstsetzen des Ich nur tätig einbilden.
A) Keine reale Tätigkeit des Ich ohne ideale. Denn das Wesen des Ich besteht in dem sich selbst Setzen; soll die Tätigkeit des Ich real sein, so muss sie durch das Ich sein; das aber, wodurch sie gesetzt wird, ist die ideale.
Dem Naturobjekte schreiben wir Kraft zu, aber nicht Kraft für sich, weil es kein Bewusstsein hat. Nur das Ich hat Kraft für sich.
B) Umgekehrt keine ideale Tätigkeit des Ich ohne reale. Eine ideale Tätigkeit ist eine durch das Ich gesetzte, die wieder Objekt der Reflexion geworden ist und wieder durch ideale Tätigkeit vorgestellt wird. Sonst wäre das Ich wie ein Spiegel, der wohl vorstellt, aber sich selbst nicht wieder vorstellt. – Dies wieder-Objekt-Sein der idealen Tätigkeit ist mit dem Ich postuliert. Aber dies Objektmachen geschieht durch reale Tätigkeit. Ist letztere nicht, so ist kein Selbstanschauen der idealen Tätigkeit möglich. Die ideale Tätigkeit hätte nichts ohne die reale, und sie wäre nichts, wenn ihr nicht durch reale [Tätigkeit] etwas hingestellt würde.
//49// C) Unvermerkt haben wir das oben Angezeigte; nämlich das unmittelbare Bewusstsein ist gar kein Bewusstsein, es ist ein dumpfes sich selbst Setzen, aus dem nichts herausgeht; eine Anschauung, ohne dass angeschaut würde. Die Frage, wie kommt das Ich dazu, aus dem unmittelbaren Bewusstsein herauszugehen und sich das Bewusstsein zu bilden, ist hier beantwortet. Soll das Ich sein, so muss das unmittelbare Bewusstsein wieder gesetzt werden durch absolute Freiheit. Dieses vor sich Hinstellen durch absolute Freiheit ist frei; aber unter der Bedingung, dass das Ich sein soll, ists notwendig.
Die ideale Tätigkeit wäre sonach Produkt des praktischen Vermögens, und das praktische Vermögen wäre der Existenzialgrund der idealen [Tätigkeit]. Man denke sich beide aber ja nicht abgesondert. Das Ideale ist das Subjektive beim Praktischen, das dem Praktischen Zusehende, und da für das Ich nur etwas ist, in wie fern es zusieht, so ist auch nur durch die ideale Tätigkeit etwas für das Ich da.
Ich affiziere mich selbst, ich, der realiter Tätige. Ich bin unbestimmt, ich werde bestimmt, ich werde bestimmt [sic] ich mache mich dazu, ich fasse und ergreife mich realiter; dieses Affizieren ist, weil es ein sich selbst affizierendes [sic] Ich ist, mit der idealen Tätigkeit, mit dem Anschauen, kurz mit dem Bewusstsein begleitet. Dieses Bewusstsein wird eben darum, weil es ein Bewusstsein ist, zur Anschauung seiner selbst.
Unmittelbar mit der Freiheit ist das Bewusstsein verknüpft, und es gibt nichts andres, woran das Bewusstsein geknüpft werden könnte. Die Freiheit ist das erste und unmittelbare Objekt des Bewusstseins. Alles Bewusst-sein ist etwas in sich zurückgehendes. Der gemeine Menschenverstand erkennt //50// dies an, wenn er sagt: Ich bin mir etwas bewusst. Würde das Ich nur als Subjekt gedacht, so würde nichts erklärt, man müsste wieder ein neues Subjekt zu diesem Subjekt suchen und so in das Unendliche, es muss daher als Subjekt-Objekt gedacht werden.
Der Idealist sagt: Das Objekt wird gemacht. Diese Antwort aber, so aufgestellt, löst auch nichts. Denn wenn auch das Objekt Produkt des Ich als realtätiges Wesen ist, so ist das Ich, inwiefern es real tätiges Wesen ist, kein ideales; dies Produkt, das das wirkende Ich hervorbrächte, wäre dem Vorstellenden gegeben, und wir wären wieder bei dem Vorigen. –
Die Frage kann nur so beantwortet werden: Das Anschauende und das Machende sind unmittelbar eins und dasselbe. Das Anschauende sieht seinem Machen zu. Es ist kein Objekt als Objekt unmittelbar Gegenstand des Bewusstseins, sondern nur das Machen, die Freiheit. Der Satz: Das Ich setzt sich selbst, hat zwei unzertrennliche Bedeutungen, eine ideale und eine reale, welche beide in dem Ich schlechthin vereinigt sind. Kein ideales Setzen ohne reales Selbstanfangen, und umgekehrt. Kein Selbstanschauen ohne Freiheit et vice versa. – Ohne Selbstanschauung auch kein Bewusstsein.
So kommt nun vorwärts und rückwärts dasselbe, nur unter zwei Ansichten, und der Akt der Freiheit ists, um welchen sich alles herum dreht. Der Akt ist nun nicht möglich, wenn ihm nichts zur Rechten liegt, die Bestimmbarkeit, das unmittelbare Bewusstsein. Auf der Linken liegt das, was hervorgebracht werden soll, das angeschaute Ich, beides ist nicht von einander zu trennen, beides hängt ab von der absoluten Freiheit.
Kein Mensch kann den ersten Akt seines Bewusstseins aufzeigen, weil jeder Moment win Übergehen von der Unbestimmtheit zur Bestimmtheit ist und daher immer wieder einen anderen voraussetzt.
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