Wie kannst du wissen,
dass du denkst? Ich weiß nur von meinem Tun, nur vom Denken, in wiefern
ich mein Tun erblicke. Der Zweckbegriff ist nichts Gegebenes, sondern er
ist mit meinem Wissen durch mich selbst hervorge-//201//bracht.
Dieses mein Hervorbringen ist das eigentliche Objekt meines
Bewusstseins. So gehen wir abermals höher. Ich sehe meinen Zweckbegriff
nur, in sofern ich meine Tätigkeit in Entwerfung desselben erblicke.
Wie ist denn also nur
dies möglich? Das Sinnliche, von dem wir der Bequemlichkeit wegen
aufsteigen wollen, muss etwas Abgeleitetes sein, das selbst noch nicht
abgeleitet ist, aber wohl im gemeinen Bewusstsein vorkommt. Wie ist
denn nun Bewegung in der Körperwelt möglich? Diese zu denken ist
unmöglich.
Zwischen jeden
möglichen zwei Punkten in der Linie, zwischen denen sich ein Körper
bewegen soll, zwischen X und Y, liegen unendlich viele Punkte, denn die
Linie zwischen X und Y ist zu teilen bis ins Unendliche. Die Kugel muss
daher, ehe sie aus X und Y kommt, durch unendlich viele Punkte hindurch
gehen; so eine Bewegung ist nie vollendet, mithin kommt der Körper nie
an seine Stelle, so nahe man die Punkte sich auch denke.
Dieser Beweis ist
streng richtig, aber jedes Kind bringt uns Bewegung hervor. Das kann
sein, und ersteres kann doch bestehen. Wir mögen wohl zum Begriff der
Bewegung auf einem anderen Weg kommen als durchs Denken, denn man
denkt darin nicht Punkte, sondern Linie. Woher entsteht nun eine
Möglichkeit, die Punkte nicht, sondern gleich eine Linie zu denken? Der ganze Grund, worauf sich die Behauptung der [Un-] Möglichkeit stützt, fällt weg.
Hinterher kann nun wohl
die Linie ins Unendliche geteilt werden. Die ganze Sache ist, dass wir
die unendlichen Punkte in einem einzigen synthetischen Akt gefasst
haben. Alle unsere Vorstellungen sind Vorstellungen von Verhältnissen,
aber zuletz müssen wir doch auf etwas zu Grunde Liegendes kommen. Dies
ist aber nicht an dem, wir kommen auf etwas Ursprüngliches, was
unendlich auffasst. Also die Intelligenz hat das Vermögen,
entgegengesetzte Dinge in einem Akte zu fassen, oder sie hat
Einbildungskraft, ursprüngliche Synthesis des Mannigfaltigen.
Das ist eine Variante von Zenons Paradox von Achilles und der Schildkröte. Die Linie wird aber gar nicht gedacht, sondern angeschaut. Gedacht und nachträglich hinzugefügt sind die Punkte. Nur der Mathematiker wählt zuerst Punkte und verbindet sie hinterher durch eine Linie. Der gemeine Verstand ermisst mit den Augen eine Entfernung; um deren Außenstellen als Punkte "wahr" zu nehmen, muss er abstrahieren und reflektieren, und zwar abwechselnd die eine und dann die andere. Die Linie danach aus Punkten zu 'rekonstruieren', ist allerdings ein unendlicher Kraftakt.
Warum dieser umständliche Weg zur Einbildungskraft? Weil sie nicht von vornherein dogmatisch postuliert, sondern die Notwendigkeit ihres Begriffs erst im Verlauf der Darstellung demonstriert werden sollte. Dies ist die Rückseite der genetischen Methode: Es 'zeigt sich' im Vollzug der Entwicklung, dass gewisse gedankliche Voraussetzungen als von Anfang an unausdrücklich mitgedacht aufgefasst werden müssen.
Wenn so der Begriff der Einbildungskraft gewonnen ist, kann er weiterentwickelt werden.
Das ist übrigens eine Stelle, wo die Transzendentalphilosophie in unmittelbare Konkurrenz zur Wahrnehmungspyschologie gerät: Wenn sich im wirklichen Bewusstsein keine Leistungen dieser Art beobachten ließen, möchte der Begriff der Einbildungkraft gedanklich noch so notwendig sein: Für die Philosophie wäre er verloren. Gottlob hat die Gestaltpsychologie ein Fülle solcher Leistungen zu Tage gefördert. im Juni 2019
Das Aufgefasste ist nur entgegengesetzt, man kann nur mit dem Verstande unendlich teilen, aber es wird //202// doch aufgefasst; in sofern ist die Einbildungskraft produktiv.
Aber hauptsächlich: Wie wird durch dieses Auffassen der Einbildungskraft Bewegung möglich? Der Akt der Einbildungskraft ist Zusammenfassen des Mannigfaltigen, hier: ein sukzessives Anreihen unendlicher Punkte, die erst hinterher durch Analyse unterschieden werden. Damit wird ein Einfaches, eine Kraft vereinigt, die eben deswegen bloß gedacht wird, bloßes νοουμενον ist, diese Kraft wird durch die ganze Reihe hindurchgeschoben als Bewegung, und diese Bewegung ist stetig.
Bewegung ist Tat, Lebendigkeit; um diese ist uns hier zu tun. Bewegung in diesem Sinne entstand dadurch, dass das Einfache durch ein Forstschreitendes hindurchgeschoben wurde. Wie bemerke ich mich denn als das im Bestimmen Tätige? Keine Bestimmtheit ohne Bestimmbarkeit. Was ist denn nun das bloß Bestimmbare, das erste Bestimmbare, von welchem erst das Bewusstsein meines Bestimmens ausgeht? Es ist ein unendlich Teilbares der Handlungsmöglichkeit, so gewiss es die Handlungsweise eines freien Wesens enthaltens soll; dieses wird aufgefasst durch die soeben beschriebene Einbildungskraft, durch das Vermögen, nur Entgegengesetztes aufzufasssen.
Hier ist nicht die Rede von einem Entgegengesetzten im Raume und der Zeitmomente, sondern dem Entgegengesetzten des reinen Denkens, der reinen Handlungsweisen; die Synthesis im Raume ist bloß versinnlichtes reines Denken. Hier vereinigt die Einbildungskraft absolut das ins Unendliche Teilbare der Handlungsmöglichkeiten. Sie ist das Vermögen, das Bestimmbare zu fassen, welches das Denken nicht kann, weil es diskursiv ist; aber es gibt ein besonderes Vermögen, das Entgegengesetzte zu fassen, die Einbildungkraft.
Der Verstand unterscheidet. Gedächtnis ist seine Bedingung. Zwei Entgegengesetzte zugleich auffassen ist Einbildungskraft. Landläufig heißt diese Fähigkeit Humor.
(Zwei Unterschiedene werden, indem ich auf beide zugleich reflektiere, einander entgegengesetzt. An sich sind sie weder dieses noch jenes, sondern gar nichts.)
Alles, was ein Mensch vermag, ist sein Vermögen. Sein Vermögen ist alles, was er vermag. 'Es gibt ein besonderes Vermögen'? Unterschieden - als Mannigfaltige aufgefasst - werden sie erst, indem ich auf das reflektiere, was sie vermögen. 'Es gibt' nicht mehrere, sondern sie können so gedacht werden. Das war immer Fichtes Auffassung, im Unterschied zu Kant. Die Formulierung an dieser Stelle ist eine Flüchtigkeit.
Ihr entgegengesetzt ist das Fassen des Bestimmten, das Denken, beides ist nicht ohne ein anderes, und beides sind nur verschiedene Ansichten meines ganzen Vermögens. Dies ist dasselbe viel //203// tiefer gefasst als: keine Anschauung ohne Begriff und kein Begriff ohne Anschauung.
Dann ist anzumerken: Das Bestimmbare ist nicht etwa vor der Einbildungkraft voraus, sondern das Bestimmbare entsteht eben durch die Einbildungskraft und bloß durch sie. Von der höchsten Synthesis aus ist zu sagen: Ich schaue mich an als einbildend, und dadurch schaue ich ein Bestimmbares [an]. Insofern ist die Einbildungskraft absolut produzierend in Rücksicht des Stoffs, so wie überhaupt das Ich produzierend ist; und endlich: Das Objekt der Einbildungskraft ist das Bestimmbare, dasjenige, das alle Tätigkeit im Bestimmen, die doch dem Ich allein zugeschrieben wird, bedingt.
Festzuhalten die Unterscheidung von einbilden = das Bestimmbare als solches setzen, und denken = das Bestimmte auffassen. Fichte hat eine eigene Terminologie nicht ausbilden wollen, aber an gewissen Stellen erläutert die Wortwahl einen Gedanken, der anderswo undeutlich bleibt.
Diese Teilbarkeit ruht nicht als immanente Eigenschaft in dem Bestimmbaren als an sich [sic], denn dieses ist meine Einbildungskraft selbst, welche bloß zusammenfasst. Es heißt also bloß: Das durch die Einbildungskraft Gelieferte wird hinterher geteilt durch die Urteilskraft; wenigstens wird sie [= die Teilung] gesetzt als vorzunehmend. Eigentlich ist also eine Wechselwirkung zwischen Einbildungskraft und Urteilskraft; beide sind nur durch einander zu beschreiben.
Man könnte daher sagen: Die Einbildungskraft ist das Vermögen absoluter Ganzen [sic], die Urteilskraft ist das Vermögen des Einfachen, beides steht in Wechselwirkung. Kein Einfaches ohne Ganzes, kein Ganzes ohne unendliches Einfache [sic]. Man erinnere sich an den alten Sorites. Wenn man sagte: Die Einbildungskraft fasst zusammen ein unendlich Teilbares, so heißt das: teilbar für die Urteilskraft. Es heißt also: Für den gesamten Geist ist dasselbe ein Ganzes; eins, was für denselben Geist auch bloße Sammlung des Teilbaren ins Unendliche ist.
Da ist zuerst das vage, verschwommene Bild, das als solches nicht aufzufassen ist, sondern zu diesem Behuf 'bestimmt' werden muss: gezeichnet, festgestellt, verdeutlicht - das heißt in sich unterschieden werden durch Entgegensetzungen. Fassen wir es als zwei 'Schritte' auf - nur der Verdeutlichuung halber, denn es ist nur einer -, dann schreibe ich den 'ersten' der Einbildung zu, den 'zweitem' dem Urteilen; faktisch kann ich den einen nicht ohne den andern tun. Es ist die Reflexion - das Beurteilen des Urteilens -, das die zwei 'Schritte' unterscheidet und auf zwei verschiedene 'Vermögen' schließt.
Oder anders: Am Anfang steht ein Quale; seine Qualifizierungen kommen danach - als Unterscheidungen.
(Der Haupteinwurf ist der: Wenn die Natur [euer] eigen Produkt ist, wie könnt ihr noch von der Natur lernen? Wenn es euer Produkt ist, wie ist Naturforschung möglich? Aber dieses Lernen ist nichts anderes als lernen unserer selbst; analysieren durch die Urteilskraft, was durch die Einbildungskraft gesetzt ist.)
Das bestimmende Ich ist etwas Einfaches, Absolutes, durchs bloße Denken Produziertes, ein Noumen, darin wird ja nicht gedacht ein sich wirklich bestimmendes Ich, da bloß die Form gedacht wird, das bloße Vermögen. Dies ist ein sonderbarer Begriff, da sich nicht verstehen lässt, was ein bloßes Vermögen sein könnte, und doch ists im Bewusstsein gedacht.
Es geht nicht um Begriffe und deren bestmögliche Definition, sondern um das materiale Vorstellen selbst. Dem Begriff nach kommt die Unbestimmtheit vor der Bestimmung. Woher die Bestimmung aber kommt, wird gar nicht gefragt. Doch die Intelligenz, die in einer Reihe vernünftiger Wesen zur Welt gekommen ist, trifft zuerst allenthalben auf schon (von Andern) Bestimmtes. Unbestimmtheit ist das, was sie zuerst nicht kennt, darum erscheint sie ihr, wo sie ihr begegnet, von vorherein als zu überwindender Mangel: als ein zu-Bestimmendes. Als was sie zu bestimmen ist, weiß sie nicht, aber dass. Das Was schwebt ihr als Möglichkeit vor. Es erstaunt, dass F. von Schweben an dieser Stelle nicht spricht.
Anmerkung. Nur
durch dieses gegenwärtig geschilderte Denken, durch das sich das Ich ein
Vermögen zuschreibt, findet es sich als wirkliches Ich, abgesondert
von der Welt. Auf das Bestimmtsein wird das im Ersten entstandene Ich
übertragen [sic].
Es ist alles Erscheinung, auch ich mir selbst, welches schon Kant
gesagt hat; aber woher diese Erscheinung? Diese mache ich. Was bin ich?
Ein Geist, - Seele und dergleichen mehr. -
Aber ist letztere Ansicht erstes: auch Erscheinung? Auch dies ist Erscheinung, nämlich die eines Vermögens, vide
Reinholds Vorstellungsvermögen pp; aber hier sehen wir, wie ein
Vermögen überhaupt entsteht, es ist ein sinnlicher Begriff, erzeugt
durch Versinnlichung. Im ganzen Bewusstsein komme ich nur immer vor als
Vermögen.
Wir wollen das
Bewusstsein der Agilität des Ich ableiten, nicht als etwas, das
geschehen ist, sondern als etwas unmittelbar Geschehendes. Oben
argumentierten wir so: Ich finde meine eigene physische Kraft als
bewegt; durch sie hindurch erblicke ich ein Objekt als Resultat meiner
Kausalität, aber wie wird die physische Kraft die meinige? Ich beziehe
diese Bestimmtheit derselben auf mein Selbstbestimmen, welches ich
voraussetze als Erklärungsgrund. Demnach entsteht die höhere Frage:
Wie werde ich mir dieses meines Bestimmens bewusst?
Dies haben wir zuletzt erörtert.
Ich erscheine mir in meinem Tun: in dem, was actu geschieht, als das Tätige. Erscheinung wessen? Eines Vermögens, das ich 'nachträglich voraussetzen' muss, und nur als solches kommt ein Ich im Bewusstsein vor.
Anmerkung. (Zur
Deutlichkeit) Schon oben wurde gesagt, es sei in der gewöhnlichen
kritischen Philosophie eine gewaltige Lücke, dass man zeigte, wie die
Zeitmomente aneinandergereiht würden und dadurch eine Dauer entstünde,
welches doch nicht sein kann; wenn im einzelnenen Momente keine Füllung
ist, ist im Ganzen auch keine. Es muss also bewiesen werden, dass //206// jeder einzelne Moment eine Dauer hat. Diese entsteht aus dem Schweben der Einbildungskraft zwischen Entgegengesetzten.
Darin besteht die
Einbildungskraft, dass ich unendlich Teilbares fasse, erst in diesem
Zusammenfassen entsteht der Moment. Nach dem Obigen wird nach der
Kategorie der Kausalität durch den Zweckbegriff hindurch das Objekt
erblickt. Dies Verhältnis ist ganz gleichzeitig, da es unmittelbar
verknüpft ist, zwischen Ursache und Wirkung liegt keine Zeit dazwischen.
Woher nun Zeitdauer? Oder entsteht sie etwa dadurch, dass mehrere
Wirkungen sich aneinander anschließen? Aus nichts wird nichts, und wenn
eine Wirkung keine [Zeit] einnimmt, nehmen tausend auch keine ein.
Der Zweckbegriff selbst
und sein Entwerfen hat eine Dauer, und erst durch diese entsteht durch
sinnliche Vermittelung ein sukzessives Handeln, allmähliches Entstehen
des Produkts unseres Handelns. Bei Kant ist dies nicht klar, vide Jacobi, Über Idealismus und Realismus, welches fleißig nachzulesen ist.
Wenn die Sukzession durch ein Nacheinander von zweckhaften Handlungen entsteht, so besteht der einzelne Zeitmoment in einer zweckhaften Handlung. Wenn die Handlung ein Moment ist, hat sie keine Dauer, und viele Handlungen ebensowenig. Dauer entsteht durch das Entwerfen des Zweckbegriffs; es besteht im Auswählen aus einer Mannigfaltigkeit als gegeben angenommener Zwecke. Eine Dauer entstünde lediglich durch das Deliberieren im Moment der Wahl.
Dieser Akt ist das Denken einer Substanz (nicht Substanzialität): Es gehört dazu teils ein Noumen, das lediglich Gedachte (das, was man sich denkt), wo das Denken nicht auf ein Gegebenes geht; dieses ist hier das Bestimmende Ich der bloßen Form nach; teils eine Versinnlichung desselben durch Vereinigung des lediglich Bestimmbaren mit ihm durch die Einbildungskraft.
In der Substanz liegt der Charakter des Bestehenden, Festen, Fixierten, diese Absolutheit kommt von dem diesfallsigen Noumen; teils liegt drin bloße Bestimmbarkeit, alles zu werden, was in ihrem Begriffe liegt (das Bestimmte, was sie ist, ist Akzidens); endlich liegt drin etwas die Zeit Füllendes, eine Zeitdauer, welche aus der Vereinigung des Einfachen mit dem Mannigfaltigen, welches durch die Einbildungskraft nur in einer gewissen Sukzession aufgefassst werden kann, entsteht. Dieses mannigfaltige Bestimmbare gibt, wenn eins allein gedacht wird, die Akzidens [sic].
In dem, was als Substanz gedacht wird, 'liegt drin' - teils, teils - eine Mannigfaltigkeit von Akzidenzen, begrifflichen Bestimmungen, denn Substanz ist Wechsel, genauer: das, was als das Wechselnde vorgestellt wird. Oder umgekehrt: Die Mannigfaltigkeit, die von der Einbildungkraft zur Einheit gefasst wurde, weist, sobald sie als Substanz gedacht wird, ihrerseits einemannigfaltige Bestimmbarkeit auf: teils teils.
Man versetze sich auf den Standpunkt dieser Untersuchung: Wir schwebten erst über der Synthesis A, ließen uns herunter //207// ins einzelne diskrete Denken, das in der Synthesis liegt und erst in ein gewisses Verhältnis gesetzt wird; der Standpunkt wird geändert, wir setzen uns wieder über die Synthesis.
In A setzt das Ich sich selbst als denkend auf die beschriebene Weise, wir haben immer nur auf das Vermittelnde gedacht. Nur sagten wir voraus, durch dieses letztere wird das Denken meiner als Bestimmten [sic] objektiv, als Bestimmenden wieder subjektiv vereinigt mit der Hauptsynthesis. Das Abgesonderte wollen wir wieder in seiner Vereinigung ansehen, wir reflektieren auf die Synthesis, und es erscheint ein bloß Gedachtes.
(Es geht den Menschen schwer ein, die Idealität der Zeit zu begreifen, in der zuerst absolvierten Betrachtung sind wir erst auf dem gemeinen Gesichtspunkte bestanden. Da haben wir von der Bestimmtheit die Kraft als etwas Absolutes betrachtet [sic], jetzt solls nicht mehr so sein, wir erinnern uns daran, dass das erst Vermittelte Bestimmung unseres Selbst ist durch die Grundsynthesis, über die wir uns stellen [sic].) -
Durch das Mannigfaltige der Einbildungskraft sehe ich mein Bestimmen (das Noumen); woher nun dieses Bestimmen, das ich da hindurchsehen soll? Gegeben kanns nicht sein, ich selbst bestimme mich ja selbst und bin mir desselben als mein Bestimmen [sic] unmittelbar bewusst. Dieses Bewusstsein ist ja aber die Hauptsynthesis. Der Hauptgedanke ist: Das ist das Gesetz unseres Denkens, dass wir dem Mittelpunkte manches anknüpfen.
Das jetzt Angeknüpfte ist ja nicht der Mittelpunkt, sondern etwas durch die Kategorien der Substantialität und Kausalität Angeknüpftes. Man beschreibe erst den Mittelpunkt; dieser ist das sich selbst Bestimmende, unmittelbar - nicht durch etwas anderes hindurch - Gesehene. Das Bewusstsein ist gleichsam der Zirkel, das Intelligible der Mittelpunkt; die Peripherie ist nach notwendigen Gesetzen des Denkens an den Mittelpunkt angeknüpft, sie enthält alles Empirische, Sinnliche.
Wir haben uns jetzt in die Peripherie verloren, nun kehren wir wieder in das Zentrum zurück und zeigen, wie eben solche und keine anderen Radien gezogen werden müssen. In diesem Mittelpunkte ist das Bestimmen durch bloßes Denklen mit dem Auffassen des Unendlichen durch die Einbildungkraft unzertrennlich vereinigt und fällt in einen Akt des Bewusstseins.
Ich bin inzwischen fast sicher, dass Krause dem Rat des Vortragenden nicht gefolgt ist und versucht hat, den Wortlaut des Vortrages mitzuschreiben. Dabei gehen unvermeidlich manche Übergänge verloren, doch weil der Prototkollant mehr auf den Wortlaut als auf den Sinn geachtet hat, kann er sie nachträglich nicht ergänzen.]
Was ist dieses Bestimmte selbst? Willkürlich als bloßer Akt angesehen. Hier mangelt die Sprache. Sagt man: Es ist ein Beschränken unserer selbst - id est unserer Reflexion von dem Mannigfaltigen auf ein einziges Bestimmte [sic] -, so habe ich ja das Produkt der Einbildungskraft mit in der Definition; welches auch nicht wegzuschaffen ist. Wir können unser Bestimmen nur denken als ein Übergehen oder ein Schweben zwischen mehreren Entgegegesetzten. Nun sollen wir aber diese Tätigkeit ohne Rücksicht auf das beide Entgegengesetzte, zwischen dem [sic] sie schwebt, beschreiben. Um dies zu tun, müssten wir ganz andere Denkgesetze haben, oder unser Satz müsste falsch sein.
Dieses sich-Bestimmen ist der absolute Anfang alles Lebens und Bewusstseins, eben deshalb ists unbegreiflich, weil unser Bewusstsein immer etwas voraussetzt.
Das Denken steht: natürlich, denn es geschieht in Begriffen, und in denen ist Tätigkeit als Ruhe gedacht.
Doch mein Vermögen ist eins. Denken und einbilden, denken und anschauen werden nur je nach ihren Leistungen unterschieden. Die Rekonstruktion durch den Transzendentalphilosophen geht umgekehrt vor.
Bisher war nur etwas das Vermittelnde, ein anderes in derselben Rücksicht das Vermittelte. Hier ists anders, das Mannigfaltige wird gedacht neben einander, ohne Dependenz in Wechselwirkung, aber es liegt nicht zerstückt als etwas, das einander fremd sei, sondern beide greifen ineinander ein und sind gleichsam vermittelt, aber nur so, dass beide Prädikate beiden zukommen [und] dass beide durch einander hindurch gesehen werden. Der ursprüngliche Akt der gegenwärtigen Synthesis ist gleichsdam ein doppelter, wie es mit dem ursprünglichen Akt des Ich, das immer ein doppeltes ist, sich nicht anders verhalten konnte.
Beide Ansichten vereinigen sich in einem Moment: Hier ist keine Dependenz; Vermittlung wohl, aber nicht so, dass nur eins durchs andere erblickt würde und das erste nicht durch das zweite; sondern durch Wechselwirkung. Hier ist ein A, wodurch B, und B auch in derselben Rücksicht wieder A ist und durch einander hindurchgesehen wird.
So verhält sichs, es ist zuvörderst ein reines Denken, das sich bestimmt. Dieses wird in der Synthesis durch die Einbildungskraft hindurchgesehen und selbst versinnlicht. In dieser Versinnlichung ird der bloße reine Zweckbegriff Bestimmtheit einer sinnlichen Kraft, das dadurch Hervorgebrachte selbst ein sinnliche Objekt.
Dogmatiker, die doch moralische und religiöse Gesinnung haben, sind genötigt zu sagen: Gott habe die Welt erschaf-//211//en. Gott ist bei ihnen reine Intelligenz. Dessen [sic] Bestimmungen können doch nur in Begriffen bestehen. So verhält sichs hier mit dem Ich, es ist Intelligenz und seine Bestimmungen sind bloße reine Begriffe. Fürs Ich ist auch eine materielle Welt da, es müssten sonach diese reinen Begriffe sich verwandeln in eine materielle Welt. Aber nur in eine materielle Welt nur für sie [für die Intelligenz], bei Gott aber auch für eine andere, in eine selbstständige materielle Welt.
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