Wir können nur nach unseren Denkgesetzen erklären, und nach diesen muss die Antwort auf unsere Frage ausfallen. Unsere //167// Erklärung ist damit auch nicht an sich gültig; denn die Frage ist: Wie kann ein Vernunftwesen sein Bewusstsein erklären?
Nun müssen wir zu Folge der Reflexionsgesetze zu allem Bestimmten ein Bestimmbares voraussetzen. Dies Gesetz haben wir bisher angewandt auf das Ich, welches Objekt der Philosophie ist. Nun aber ist der Philosoph auch ein Ich, folglich auch an dieses Gesetz gebunden. Das Ich ist sich selbst Objekt des Bewusstseins, sonach Subjekt und Objekt. Wir wollen beides auf einander beziehen. Zu diesem Behufe müssen wir beide auf einander beziehen als bestimmbar, sonach wird uns nach den Denkgesetzen das Ideale und Reale geschieden. Das Reale bedeutet nur das Objektive, das Ideale nur das Subjektive im Bewusstsein.
Beides wird nun besonders betrachtet als bestimmbar, und dieses Denken gibt uns das bloß Intelligibele. Das Intelligible ist sonach nicht an sich, sondern etwas für die Möglichkeit unserer Erklärung nach den Denkgesetzen Vorauszusetzenden. So behandelt es auch Kant, und jede andere Ansicht wäre transzendent.
Das Intelligible ist sonach nichts an sich, sondern etwas für die Möglichkeit unserer Erklärung nach den Denkgesetzen Vorauszusetzenden.
Dies nennt er ein Denkgesetz.
Ein Denkgesetz sei auch, dass wir zu jedem Bestimmten ein Bestimmbares denken müssen. Ein 'Gesetz' soll das sein? Es ist lediglich eine Explizitierung dessen, was im Verb 'bestimmen' vorgestellt wurde. Das Vorgestellte ist als Ganzes Eins, ein Singulum, und als ein solches kann darüber keine Aussage gemacht werden (de singularibus non est scientia), man muss es in sich selbst unterscheiden, um es dar stellen zu können; die 'Teile' nach einander wieder zusammensetzen.
Das Vor gestellte ist das Gemeinte. Gemeint wird die Handlung des Bestimmens. Überhaupt jeder 'Begriff' ist lediglich eine solche Handlung, die als Ruhe gedacht wird. Als Handlung 'hat' sie aber - denn das ist das im Bild der Handlung Gemeinte - wenigstens diese drei 'Teile': S p dass q.
'Gesetz' ist daran, dass man aus einem Gehalt nur herausholen kann, was er enthält - in transzendentalem Sinn: was man hineingetan hat. Es ist das Verhältnis von realer und idealer Tätigkeit.
Aber in wiefern ich beschränkt bin, bin ich irgend etwas nicht, was ich aber nicht bin, das ist für mich nicht da. Nun aber liegt die Beschränktheit außer mir; wie werde ich mir nun ihrer bewusst? Antwort: Sie liegt nur zum Teil außer mir. Äußerlich bin ich beschränkt, aber nicht innerlich, meine äußere Beschränktheit ahme ich innerlich nach.
Ich ahme die Beschränktheit meines äußeren Organs innerlich nach; ich sehe ein Objekt - ich kann in einen gewissen Raum nicht eindringen und beschreibe eben die Fläche, die erfüllt ist. Das innere Organ ist in dieser Theorie nie beschränkt. Schwierigkeit: Ich soll äußere Beschränktheit nachahmen, also ein äußeres Handeln, ich kann mir aber nichts einbilden, was ich nicht kenne; den Willen kenne ich, aber nicht das äußere Organ. Sonach bleibt ein Zirkel: Man bezieht sich auf die Beschränkung des äußern Organs; woher dieses [sic] selbst? -
Es steht so: Das, was ich wahrnehme, wird innerlich vollzogen, die Gestalt im Raume wird abgerissen durch die Einbildungskraft pp. Nun begreift sich, wie durch mein Organ eine solche Gestalt hervorgebracht werden kann, aber nicht, wie sie abgerisssen werden kann als durch das äußere Organ nicht zu bestimmen; und wie dem zufolge Objektivität angenommen werden könne. Es scheint, wir nehmen nur Einbildungen an. So ist - nichts erklärt. Lösung: Wir können nicht in der Versinnlichung bleiben, wir müssen auf den transzendentalen Standpunkt zurückgehen.
Das äußere Organ: das ist meine Sinnlichkeit; das innere Organ: das ist das Bild, was ich mir von jener mache. Im vorigen Eintrag war die Darstellung schließlich in der Sinnlichkeit angekommen. Wie wird das Sinnliche (nach allem Obigen müssten wir sagen: das Gefühl) zu einem Ideellen (zu einer bestimmbar-bestimmten Vorstellung)? Indem das innere Organ das äußere nachahmt: ab"bildet".
Das scheint eine bloße Wortspielerei zu sein; dass sie nichts begreiflicher macht als zuvor, gibt er zu und verweist uns auf den "transzendentalen Standpunkt" zurück. Die Sprache des Protokollanten wird undeutlich: War der Dozent undeutlich oder hat ihn bloß der Protokollant nicht recht verstanden? Wie dem auch sei: Der Versuch eines einstweiligen Zwischenberichts der Wissenschaftslehre ist nicht geglückt, aber man ahnt: Das war es, was er uns zeigen wollte.. 29. Januar 2017
Es wurde geredet von unsprünglicher Beschränktheit unseres Wesens, wodurch der Wille erst zum Willen wurde. Was sollte beschränt werden? Ein absolut Selbsttätiges, was nur selbsttätig ist. Die kann nicht wie ein Sein beschränkt werden, dem wohl eine innere Kraft angestammt sein mag, die aber an die Quantität des Dinges geknüpft ist. Vide Beispiel einer immer mehr zu verringernden Kugel.
So nicht //169// mit der Intelligenz, ihre Beschränkung soll stattfinden, ohne dass das Bewusstsein der aufgehobenen Realiät aufgehoben wird. Welche könnte es sonst sein? - (Beschränktheit, die bloß an die Tätigkeit also solche sich wendet, nicht aber an das Sein) nichts als Beschränktheit durch die Tätigkeit selbst - die Aufgabe, sich selbst zu beschränken, nicht eine sich aufdringende Beschränkung, sondern [eine,] die nur stattfindet, in sofern sie mit Freiheit aufgenommen wird. [sic] -
A) Was jene Begrenzung eines ursprünglichen Willens bedeuten soll, ist klar; es ist das Ganze der Beschränktheit als das Bestimmbare zu allen in der Zeit vorkommenden Bestimmungen, die ich mir auflegen soll. Der Grund liegt in meinem endlichen Wesen; dass ich diese oder eine andere aufnehmen soll, beruht auf meiner Individualität, alles andere ist transzendent. Der reine Wille ist nur der, den ich in der Zeit haben soll, vide Sittenlehre ca. [S.] 200. Antwort auf die Frage: Wer bin ich? Aber wer soll ich sein? Die Individualität ist bestimmt nicht durch ein Sein, sondern durch ein Gesetz, es ist vorgeschrieben für alle Zeit, was ich werden soll.
Ich kann keinen Zusammenhang herausfinden. Liegt es an Krauses Mitschrift? Fichte wünschte nicht, dass seine Hörer seinen Vortrag mitschreiben sollten, denn dann könnten sie sich nicht auf den Sinn konzen-trieren und das Vorgetragene nicht verstehen. Sie sollten sich lediglich Stichpunkte notieren und das Ganze zu Haus in ihren eigenen Worten rekonstruieren. - An dieser Stelle scheint Krause weder ganz das eine noch ganz das andere getan zu haben; der rote Faden geht verloren.
Angenommen, so sei es gemeint; einsichtig ist es aber nicht, vielleicht kommt das noch?
Beispiel im Allgemeinen
(Nur um deutlich zu werden. Wenn ich jemanden hören will, muss ich nicht reden, nicht physisch bin ich gezwungen, sondern nur hypothetisch, nach einer selbst angefügten Aufgabe als Zweck; die Beschränkung ist die des äußeren Sprachorgans; sie ist physisch nicht zu erklären.)
Wir können nie
erfahren, dass wir einen Leib haben; dies und dass er unser ist müssen
voraus wissen als Bedingung alles Erfahrens, alles Zulernens. Durchs
bloße Denken wird dies hervorgebracht, und erst später wirds Gegenstand
der Erfahrung.
Nota bene, es ist nur die Rede von Wirkung des Freien auf das Freie. (Dass man das äußere Organ auch [als] von einem Äußern abhängend ansehen muss, ist wieder nur eine andere Ansicht des äußern Organs, vide infra.) Das innere Organ ist Seele, das äußere Leib; beides ist Ich, nur in verschiedner Ansicht. Seele entsteht, wenn ich mich durch die Form der inneren Anschauung versinnliche; der Leib [entsteht] durch Versinnlichung der äußern und der innern Anschauung zugleich.
Das höchste Beschränkende ist der Begriff, durch ihn kommt Anschauung in meine ganze Welt. Auf dem praktischen Standpunkte ist das Erste der ursprüngliche reine Wille. Dieser äußert sich durch Zweckbegriffe, nicht durch die, die wir oben gar nicht erklären konnten, sondern durch Zweckbegriffe, die schlechthin sind, als erstes absolut Aufgedrungenes; dieser Begriff (ein νοουμενον) wird sinnlich realisiert als inneres und äußerliches Organ und als Sinnenwelt, und so kommt der transzendentale Philosoph auf den Boden, er [dieser Zweckbegriff] muss aus absoluten Begriffen erklärt werden, die keinen anderen erklärenden [Begriff] voraussetzen. Diese sind Zweckbegriffe, die aber doch als objektiv erscheinen müssen.
Die Beschränktheit, von der geredet worden, ist eine, die ich mir selbst zufüge infolge eines ursprünglich in mir enthaltenden Begriffs; es wäre demnach ein Anfang zu machen, die Geschichte des entstehenden Bewusstseins zu beschreiben.
Ich reflektiere (auf mich), nach dem Bestimmungsgrunde; der Form nach ist nicht zu fragen, weil sie mit Freiheit geschieht, oder: Über den Anfangspunkt können wir nicht Rechenschaft geben. Ich muss aber eine Beschränktheit meiner selbst auffassen, in der die Aufgabe liegt, mich selbst zu beschränken; dieser Begriff ist die innere Bedingung der Reflexion. Warum aber Y und nicht -Y gefasst wird, darüber kann nicht die Frage entstehen, weil dies seinen Grund in der Freiheit hat. Der ursprüngliche Zustand des beschränkten empirischen Ichs ist, dass sein Wille nachgebildet werde.
Ob ich reflektiere, liegt freilich in meiner freien Willkür; doch wenn ich Bewusstsein erlangen soll - dass es erlangt wird, war aber der faktische Ausgangspunkt der Wissenschaftslehre -, dann muss ich reflektieren.
Aber die Beschränktheit
ist nicht Beschränktheit des Ich und ist nicht für das Ich, wenn nicht
das Ich selbst sie zufügt. Sonach kann die ursprüngliche Beschränktheit
des Willens nichts anderes bedeuten, als eine Aufgabe für das Ich,
seinen Willen selbst zu beschränken, und die besondere Ankündigung
dieser Aufgabe im empirischen Bewusstsein kann nichts anderes sein als
ein Begriff, durch welchen eine bestimmte Selbstbeschränkung gefordert
wird, durch dessen Auffassung erst Gefühl und Anschauung entsteht. Alles
Bewusstsein geht sonach vom Denken eines lediglich Intelligiblen aus.
Immerhin sind wir von der Vorstellung erlöst, dass hinter (über, unter) dem Ich ein vorbestimmtes Wesen stünde,welches es nur noch aus- und durchzuführen hätte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen