Ohnerachtet das freie
Wesen alles, was für dasselbe sein soll, selbst hervorbringen muss, so
muss ihm doch etwas als notwendig erscheinen; woher dieser Schein? Er
ergibt sich aus dem Wesen des freien Wesens. Es fängt von einem freien
Handeln an, welchem gar kein Bewusstsein vorausgeht. Dieses freie
Handeln wird Gegenstand des Bewusstseins und kann hinterher als Produkt
der Freiheit ange-//108//sehen
werden. Aber dadurch, dass es Objket des Bewusstseins wird, erscheint
es gegeben, dies liegt im Charakter der idealen Tätigkeit, welche
gebunden werden muss durch etwas, das sie nicht hervorgebracht hat.
Man kann auch sagen, das freie Wesen kann nicht handeln, ohne auf Etwas
zu handeln. Dieses Etwas kommt auch durch Freiheit, weil diese aber
nicht Handeln auf Etwas ist, so bleibt sie im Dunkeln. Daher kommt es,
dass notwendig ein Objekt für uns da sein muss, vide das Eigentümliche der Wissenschaftslehre.
§ 3, N. VII (Es passt aber nicht alles dort gesagte hieher,wegen der gegenwärtigen veränderten Darstellung.) Confer Kants metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre p. XX die Note.
Da er aber einmal den Denkzwang - die Unvermeidlichkeit, das Dings so zu denken und nicht anders (sofern es immerhin gedacht werden soll) - dem sinnlichen Gefühl gleichgestellt hat, könnte er uns das Gesetz der Verdinglichung, den dogmatischen Hang, den "dialektischen Schein" aus der Natur des diskursiven Denkens selbst ableiten: Nichts, was nicht in einem Gefühl gründet, ist real, nämlich anschaubar; real, weil anschaubar, ist, was in einem Gefühl gründet.
Kein Wunder also, dass uns Begriffe, die uns doch einem Denkzwang unterwerfen und die nur so und nicht anders gedacht werden können, wie Dinge vorkommen. Wie Dinge zweiter Ordnung, wenn man den Denkzwang als ein Gefühl zweiter Ordnung ansieht, aber wie Dinge eben doch. Gerade Noumena müssen, wenn sie gedacht werden sollen, so und nicht anders gedacht werden - und würden ipso facto zu Wirklichkeiten.
Wie käme er aus dieser selbstgestellten Falle wieder heraus? Lediglich "als Philosoph"? - Er hätte mehr bewiesen, als ihm recht sein konnte.
Dass der Denkzwang ein Gefühl sei, könnte man ihm äußerstenfalls abkaufen. Nicht aber, dass es sich dabei um ein Gefühl des Beschränktwerdens handelt. Das Gefühl, den rechten Weg gefunden zu haben, ist vielmehr eine Aufhebung der Beschränkung, die eben noch gebundene ideale Tätigkeit fühlt sich wieder freigesetzt. Merke: Wer an die Stelle schon definierter ruhende Begriffe lebendige Vorstellung setzen will, darf aus dem Denkzwang, den ich mir vorstelle, nichts herleiten, bloß weil er ihn vorher als Gefühl definiert hat.
Im vorigen Paragraphen war es uns um die Erkenntnis des Bestimmten, jetzt ists aber uns um die Erkenntnis des Bestimmbaren zu tun.
1) Das Ich setzt sich nach vorigem Paragraphen als vorstellen könnend oder nicht - was soll dies heißen? Wir können uns dies denken, denn wir haben schon oft und unser ganzes Leben hindurch dergleichen freie Handlungen vorgenommen. Von dem Bestimmten, was wir nun kennen, abstrahieren wir; also dieses Denken ist ein abstraktes und daher ein unbestimmtes Denken. Dies kann uns bloß auf den Weg führen, worauf es liegt; aber uns nicht auf den Punkt stellen, worauf es uns ankommt.
Das bloß unbestimmte Denken ist die Quelle vieler Irrtümer in der Philosophie. Wir können oder nicht - das können wir uns wohl denken; aber nicht das ursprüngliche Ich, dem wir zusehen, denn dieses hat noch nichts zu abstrahieren, wir sind hier beim Anfange alles Handelns.
1) [sic] Das Ich muss hier sein bestimmtes Tun, d. h. dasjenige, was hier allein stattfinden kann, überhaupt anschauen, und zwar, da es ein freies Tun sein soll, als etwas, das es vollziehen kann und auch nicht.
Bestimmtheit hat hier zwei Bedeutungen. Das, wovon wir hier reden, soll das Bestimmbare sein, von dem soll zum Be-//109//stimmten übergegangen werden; doch ist das Bestimmbare in bestimmter Rücksicht bestimmt, es ist ein Anschauen, und seine Bestimmbarkeit besteht darin, dass es ein Begreifen ist.
Nota II.
A) Hier wird argumentiert wie im vorigen Paragraphen. Es ist dasselbe, nur von einer ganz andren Seite. Im vorigen Pragraphen wurde gesagt: Das Objekt ist etwas, worauf ich reflektieren könnte oder nicht, aber das hat keinen Sinn, wenn ich nicht schon das Objekt gesetzt, mithin darauf reflektiert habe. So hier. Das Tun oder Handeln des Ich soll gesetzt werden als geschehen könnend oder nicht, aber das ist nicht möglich, wenn nicht schon ein Tun überhaupt gesetzt ist (non entis nulla sunt praedicata).
Also das Tun des Ich ist notwendig aller Reflexion auf dasselbe vorauszusetzen, erscheint also als gegeben wie im vorigen Paragraphen das Ding [, und] aus demselben Grund. Oder: Dieses Tun ist das Bestimmbare, welche qualis talis zu dem Übergehen zum Bestimmten als einem Akte der Freiheit vorausgesetzt wird. Aber das Bestimmbare ist, in wiefern es anschaubar sein soll, etwas Objektives im weitersten Sinne des Worts, und wird hier bei der Reflexion auf das Übergehen schon gefunden.
Mit andern Worten, positio und negatio sind nicht logisch gleichrangig - und daher ontologisch schon gar nicht.
(Ein Ding wird nicht gesetzt. Es wird vorgefunden. Das Vorgefundene wird bestimmt. Bestimmen heißt: Set- zen seiner Bedeutung. Bedeutung ist kein Sachverhalt, sondern ein idealer Akt. Ein idealer Akt muss als ein solcher gesetzt worden sein, bevor er negiert werden kann. Es gibt den Modus ponens ohne darauffolgenden Modus tollens; aber keinen Modus tollens ohne vorangegangenen Modus ponens.)
C) Aber das Bestimmbare und das zu Bestimmende sind synthetisch vereinigt im Bewusstsein. Ich setze das Bestimmbare nur, in wiefern ich mich übergehend setze, und dies kann ich nur, in wiefern ich es als gegeben setze.
Es ist nicht gegeben, außer in wiefern ich darauf wirke, denn erst im freien Willen wird es mir gegeben, aber ich kann nichts wirken, was ich nicht schon habe.
Dies wiederholt sich als Scheidung von realer und idealer Tätigkeit: Die reale Tätigkeit ist frei, bis sie auf einen Widerstand stößt, der ein Gefühl hervorbringt. Auf dieses Gefühl muss die ideale Tätigkeit reflektieren, insofern ist sie gebunden und unfrei.
Wie wird nun mein tun als Objekt der Anschauung vorkommen? Kant nennt ein Tun z. B nach dem Gesetze der Kausalität pp. ganz richtig ein Schema, um zu bezeichnen, dass es nicht Wirkliches, sondern etwas durch ideale Tätigkeit zum Behuf der Anschauung zu Entwerfendes sein soll.
Schema ist ein bloßes Tun, und zwar mein notwendiges Tun in der Anschauung.
Also unsere Frage ist, welches ist das Schema des Tuns überhaupt, oder wie fällt ein Tun dadurch, dass es Objekt der Anschauung wird, aus? Hier ist das Objekt aus der Anschauung hergeleitet worden, und das Beweisen aus Begriffen hat hier ein Ende.
Denken kann man letzteres, aber, und das ist hier der springende Punkt, man kann es sich nicht vorstellen. Die Verengung des Begriffs Logik auf das korrekte Schließen aus gegebenen Begriffen setzt offenbar die Gegebenheit der Begriffe unbedingt voraus. Dann wären sie logisch das 'Erste'.
Das ist aber eine grundlose Annahme. Material-logisch beruhen die Begriffe auf Gehalten, und diese Gehalte sind Vorstellungen, die in begriffliche Form gebracht werden müssen, um sie operabel zu machen. Die Operalibilität der Begriffe macht ihre Form aus, die Vorstellungen sind der Stoff. Daher ist eine Darstellung der Art und Weise, wie sich sachlich eine Vorstellung aus der andern entwickelt, wie die eine in der andern Vorstellung schon enthalten sein mag, ohne als solche deutlich angeschaut worden zu sein - eigentlich ist eine solche Darstellung in einem eminenteren Sinn logisch zu nennen als die bloß-formale, in der Begriffe durch Schlussketten miteinander verknüpft werden.
Aber unser Sprachgebrauch lässt das nicht zu. Fichte hat das materiallogische Verfahren der Wissenschaftslehre daher genetisch nennen müssen, und es sah aus, als handle es sich zwischen logischer und historischer Betrachtung um eine eigenständige Kategorie. In philosophischer Hinsicht erheblich ist aber die einfache Unterscheidung zwischen historisch-faktischer und materiallogischer Betrachtung. Die formallogische Untersuchung ist ein Derivat, ein Reflexionsmittel zum Behuf des kritischen Geschäfts.
Die Aufgabe ist: nicht
einem bestimmten Tun, z. B. Denken, Anschauen pp., sondern einem Tun
überhaupt zuzusehen. Die Aufforderung ist: eine Agilität zu
beschreiben. Diese kann man nur beschreiben als eine Linie, die ich
ziehe. Also innere Agilität ist eine Linie ziehen; nun aber ist hier
nicht die Rede von einer Agilität, die geschieht, sondern von einer
Agilität überhaupt, von einem bestimmbaren, aber nicht bestimmten
Vermögen der inneren Tätigkeit und Agilität.
So eine Linie aber ist
bestimmt der Direktion nach. In dem Vermögen müssen aber alle Linien
liegen, das Schema des Tuns muss nach allen möglichen Direktionen
mögliches Linienziehen sein; dies ist der Raum, und zwar leerer Raum,
aber als leerer Raum kommt er nie vor, es wird immer etwas hineingesetz;
warum, wird sich zeigen.
Hier ist nun vom Tun die Rede; auch das bloße reine Tun ist nichts Erscheinendes.
Das Begreifen wird als frei gesetz heißt: Die Intelligenz setzt als geschehen könnend oder auch nicht, und zwar eine gewisses //111// Handeln überhaupt (denn außerdem würde gar nichts gesetzt). Es wird sonach das Handeln überhaupt gesetzt; gesetzt, dass es geschehen könne oder nicht, welches letztere nicht möglich ist, ohne dass das erste überhaupt gesetzt sei.
Das Begreifen wird als frei gesetz heißt: Die Intelligenz setzt als geschehen könnend oder auch nicht, und zwar eine gewisses //111// Handeln
überhaupt (denn außerdem würde gar nichts gesetzt). Es wird sonach das
Handeln überhaupt gesetzt; gesetzt, dass es geschehen könne oder nicht,
welches letztere nicht möglich ist, ohne dass das erste überhaupt gesetzt sei.
Sonach ist dieses
Handeln überhaupt nicht für die Intelligenz außer als ein freies, ohne
dass es überhaupt für sie sei. Aber das Ich schaut sein bloßes Handeln
als ein solches an, als ein Linienziehen, sonach das unbestimmte
Vermögen dazu als den Raum.
1) Der Raum ist a priori, dies kann zweierlei bedeuten; teils lediglich durch das Vernunftgesetz, in dieser Rücksicht ist alles a priori außer das Gefühl und dessen Prädikate, teils ein vor aller Anschauung Gegebenes, ein bloß Bestimmbares, etwas, das die Anschauung erst möglich macht.
Beide Bedeutungen sind wohl zu vereinigen, Kant steht auf dem letzten Punkt. Der Raum geht nach ihm vor aller Erfahrung vorher, er ist die Bedingung derselben.
Auf den ersten Punkt hat sich neuerlich Herr Prof. Beck gestellt, er ist der, auf dem die erste Bearbeitung der Wissenschasftslehre steht.
Es ist sonderbar, dass sich über den Raum neuerlich ein solcher Streit erhoben hat wie über das Ding, ob das Ding gegeben oder hervorgebracht sei. Beide Parteien haben Recht, es ist bestimmbar und insofern gegeben; es ist durch die Gesetze der Vernunft notwendig und insofern hervorgebracht.
2) Der Raum ist die Form der äußeren Anschauung (a priori). Wie wir die Sache ansehen, würde das Bestimmbare bei aller Anschauung Form heißen; das, was, wenn eine Anschauung gesetzt wird, konstruiert [wird]. Sonach wäre das Bestimmbare der äußeren Anschauung die Form derselben. Wenn angeschaut wird, so wird der Raum angeschaut; dieser wird in der Anschauung gebildet, formiert, er formiert nicht.
Sachlich neu: Was an der Anschauung (=die ideale Tätigkeit, die auf das Gefühl geht, welches durch den Widerstand gegen die reale Tätigkeit hervorgebracht wurde) bestimmbar ist, ist ihre Form (das Was ist gegeben als Gefühl). Bestimmen ist Formgeben.
Wir wollen hier die Synthesis des Ganzen vorlegen.
Wenn dies nun so ist, so wird nicht nur, wie im vorigen Paragraphen das Objekt und wie im jetzigen der Raum, - sondern beide werden vorausgesetzt. Beide sind in demselben Akte das Bestimmbare in aller Vorstellung. Materie ist die Synthesis des Raums mit dem Objekte - so ists auch im Praktischen. Ich kann die Materie teilen, zusammensetzen, aber nicht wegschaffen, nicht vermehren, nicht vermindern; //113// wo wir hin denken, finden wir Raum, weil wir überall Materie denken.
Auf diesen Satz kommt es vorzüglich an. Wir sehen hier die Entstehung der ganzen Körperwelt, ja unserer gesamten, auch der Geisterwelt, denn es wird sich zeigen, dass unsere Geisterwelt nichts ist als eine Abstraktion von der Körperwelt.
Wir haben jetzt die Einsicht erhalten, wie uns die Welt entstehen müsse; wir brauchen keinen gegebenen Stoff vorauszusetzen. Alles Objektive, und das Objektive hebt von der Materie an, entsteht in uns; ich bin ursprünglich beschränkt, und diese Beschränktheit, wenn ich darauf reflektiere, ist das Gefühl. Das Gefühl lässt sich allenfalls für das Gegebene halten, allenfalls, denn es ist auch nur ein Gefühl, in wiefern ich darauf reflektiere.
Dieser Punkt ist in der Kantischen Darstellung nicht ganz richtig behandelt und hat Veranlassung zu einem System gegeben, wo zwar der Raum apriori sein soll, in welchen aber die Objekte aposteriori hineinkommen sollen.
Kant behauptet auch, dass die Objekte apriori im Raum sein sollen; er schließt aber indirekt. Der Raum ist ihm apriori, er ist ideal, sonach müssen auch die Objekte ideal sein: Kant wollte alles aus Begriffen dartun, drum wird auch seine transzendentale Ästhetik so kurz. Das geht aber nicht, das Vernunftwesen ist nicht nur begreifend, sondern auch anschauend. Er bewies seine Darstellung vom Raum durch Induktion. Kant sagt nicht, dass der Raum gegeben werde; er sagt, dass unseren sinnlichen Vorstellungen etwas zu Grunde liege; dass es Noumene gäbe; er hat sich nicht deutlich darüber erklärt. Er nennt es etwas, es ist aber nicht etwas, das Sein hat, sondern Handeln.
Er hat sich nicht auf das Schema für übersinnliche Gedanken eingelassen. Man kann das Übersinnliche nicht erkennen, aber da sie doch für uns da sind, so müssen sie sich doch erklären lassen: Das Schema für das Übersinnliche ist das Handeln.
'Übersinnliche Gedanken' sind solche, die sich auf nicht-sinnliche Gegenstände beziehen: auf Vorstellungen. Vorstellen ist - abgesehen von dem, was vorgestellt wird - Schema des Handelns. Noumena sind Schemata des Schemas des Handelns.
Der Raum wird vorausgesetzt, wenn ich mich in ihm als frei setzen soll. Die Sache der Freiheit ist, dass das durchs Gefühl Bestimmte gesetzt wird in jedem Ort, in welchem man will, wenn es vereinigt gesetzt wird; dass man es [als] in mehreren Orten seiend zerlegt, wenn es geteilt gesetzt wird. Die Synthesis des bestimmten Ortes mit der bestimmten Anschauung ist Sache der Freiheit, ihre Sache ist: das bestimmte Objekt, d. h. durch das Prädikat des Gefühls Bestimmte, zu setzen in welchen Raum sie will.
Der Raum ist leer, indem ich ihn durchgehe, ihn leere und etwas anderes hinein denke; die Dinge werden beweglich, weil ich sie and diesen oder jenen Ort setzen kann.
Man kann den Raum einteilen in einen absoluten und einen relativen. Der absolute ist unbeweglich. Der relative ist der bestimmte Ort, den ein Objekt einnimmt, dieser ist beweglich durch Freiheit.
Daraus wird folgen, dass die Freiheit des Handelns aus der Freiheit des Denkens hervorgehe.
Ich kann die Freiheit des Handelns nicht denken, ohne die Objekte schon zu haben. Ich bekomme den Raum mit den Objekten. Um die Handlung der Freiheit zu setzen, ein Objekt in einen beliebigen Raum zu setzen, muss das Objekt schon einen Raum haben, es erfüllt schon einen Raum, aber keinen Platz (keinen bestimmten Ort) im Raume. Es schwebt der Einbildungskraft nur vor.
Ich habe beides schon, es ist das Bestimmbare. Ich setze das Objekt in einen bestimmten Platz, das ist das Bestimmte, und denke mir, dass ich es auch anderswohin setzen könnte, wenn //115// ich es aber der Wahrheit nach bestimmen wolle, so müsse ich es an diesen bestimmten Platz setzen. Dies ist das Übergehen (alle Ortsbestimmung ist mittelbar und relativ.)
Ich kann kein Objekt haben außer durch Freiheit; das Objekt ist mir so geworden, weil ich es so gesetzt habe.
Ich setze das Objekt in einen bestimmten Ort; welcher Ort ist dies, wodurch wird er bestimmt? Alle Ortsbestimmung geschieht nur mittelbar und ist relativ. Ich setze das Objekt, A ist neben B, B ist neben C und so fort. Wie ist denn nun eine relative Ortbestimmung möglich?
Ich begreife wohl, wie ein zweites Objekt durch ein erstes, ein drittes durch ein zweites bestimmt sein könnte, aber im Ganzen sehe ich es doch auch nicht ein! Denn wo liegt das Ganze? Alle Ortsbestimmung ist subjektiv. Ich habe irgend einmal im Raume angefangen, diese Bestimmung ist absolut. Ich bin es, der diesen Ort zu diesem macht, außerdem hat er keine Bestimmung. Der erste Ort im Raume ist durch nichts bestimmt, als durch mein Tun.
(Dies dürfte wohl das leichteste Argument für die Idealität des Raumes sein, tiefer unten wird sich zeigen, dass dieser Ort bestimmt sei durch den Ort, den ich einnehme, und ich bin, wo ich bin.)
Da das Setzen des Objekts und das Setzen des Handelns im Ich notwendig vereinigt sind, so muss auch das erstere (Objekt) und das Schema des letzteren notwendig vereinigt sein. Aber Vereinigung des Objekts mit dem Raume ist Erfüllung desselben, alles Objekt wird sonach notwendig raumerfüllend, materiell.
Die Freiheit der Intelligenz besteht (äußert sich) in der Synthesis eines durch Gefühlsprädikate bestimmten Objekts mit einem durch absolute Spontaneität bestimmten Orte im Raum, und dadurch wird der Raum ein stetiger und er sowohl als die Materie teilbar ins Unendliche. Die Bestimmtheit derselben (Intelligenz), ohne welche die erstere (Freiheit) und ohne welche die erstere nicht möglich ist, besteht darin, dass das Objekt in einem Raum überhaupt gesetzt und der Raum mit Materie überhaupt angefüllt sein muss. Kein Raum ohne Materie et vice versa.
Dadurch ist Notwendigkeit, aber dass dieses Objekt nicht gerade in //116// diesem Raume sei und dieser Raum nicht gerade zu diesem Objekt gehöre, ist Freiheit.
- Ist jetzt der Raum "Schema des Handelns"? Das hatten wir bisher mit dieser Bestimmtheit noch nicht, lediglich: "Aber das Ich schaut sein bloßes Handeln als ein solches an, als ein Linienziehen, sonach das unbe- stimmte Vermögen dazu als den Raum." S. 111 Heißt das nicht die Metaphorik zu sehr strapazieren, wenn nun gleich der Raum selbst 'Schema des Handelns' wird? Wird er aus dieser Definition (!) Schlüsse ziehen, oder ist es bloß eine Stilblüte? (Doch schrieb mal einer: "Mathematik ist Konstruktionslehre. Mathematik ist das allgemeine operative Schema der möglichen Handlun gen in Raum und Zeit". Mathematik aber ist Analytik des Raums.)
Nota Bene. Es kommt aber in dem Buche vieles vor, wovon nach der gegenwärtigen Darstellung noch nicht die Rede sein kann, und dieser Paragraph muss daher mit Rücksicht auf die gegenwärtige Darstellung gelesen werden.
p. 93ff. ad 1) Der eigentliche Akt des Vorstellenden besteht in dem Hereinsetzen in den Raum, dieser ist aber immer erfüllt und ist kein leerer Raum außer im Herübergehen durch die Einbildungskraft.
ad 2) Anstatt Kraft, die sich äußert, würde jetzt gesagt werden müssen Materie, die aber nicht gesetzt werden kann außer im Raume. Die Materie ist teilbar ins Unendliche, also auch der Raum.
ad 3) Die Intensität kommt dem Gefühle zu, Extensität dem Raum. Durch jedes Gefühl werde ich geführt auf Materie, die ein Quantum ist und den Raum erfüllt. (Gefühl drückt eine Beziehung auf uns aus, Beziehung auf unsere Begriffe; denn nur, wieferen Gefühl gesetzt ist, ist eine Anschauung vorhanden.) Nur in wiefern Materie ein Quantum ist, ist sie anschaubar; sie ist nicht mathematischer Punkt, denn sie kann geteilt werden: Die Kontinuität des Raums und die unendliche Teilbarkeit der Materie müssen darum angenommen werden, weil sie Bedingungen der Freiheit sind.
ad 4) Die Gefühle sind bloß subjektiv; was rot, süß, bitter etc. ist, kann man nicht durch Begriffe mitteilen; denn Objekten kommt außer den Gefühlsprädikaten weiter nichts zu, als dass sie Materie im Raume sind.
ad 5) Man nehme ein Objekt und setze es in den Raum und frage: Wo ist es? Darauf gibt es keine Antwort, denn man hat keinen Punkt, wodurch man es bestimmen könnte, und doch gibt es eine solche Bestimmung; sie gründet sich darauf: Das erste Objekt wird gesetzt in einen absoluten Raum durch absolute Spontaneität. Das erste, das wir in den Raum setzen, ist durch nichts bestimmt als durch unser Denken.
//117// ad 6) Man stelle sich vor einen Beobachter. Wo ich mein Auge hin richte, da setze ich Raum voraus; wenn ich hinsehe, dass im Raume dort Objekt ist, ich nehme Objekt mit in den Raum hinein. [sic] Alles objektive Vorstellen besteht in Raumerfüllung.
Objekten kommt außer den Gefühlsprädikaten weiter nichts zu, als dass sie Materie im Raume sind.
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