Donnerstag, 28. März 2024

§ 7

[[S. 76]]                                                                        § 7
 
Die Hauptfrage ist: Wie kann das Ich, da alles sein Bewusstsein Bewusstsein freier Tätigkeit ist, sich seiner freien Tätigkeit bewusst werden. - 
 
Wir wissen, das ich muss vor allen Dingen sich einen Begriff seiner Tätigkeit entwerfen, einen Zweckbegriff; es muss ihm ein Mannigfaltiges für die Wahl durch Freiheit gegeben werden, dies wird ihm gegeben im Gefühl. Wir hätten dem-//77//nach den materialen Teil der Frage beantwortet, nämlich dem Ich einen Stoff gegeben, aus dem es seinen Begriff entwirft. Aber der formale Teil der Frage ist noch nicht beantwortet. Wie setzt das Ich aus dem Mannigfaltigen des Gefühls den Zweckbegriff zusammen?

1) Das für die Selbstbestimmung entworfene und zu entwerfenden ist ein Begriff, sonach Objekt der idealen oder anschauenden Tätigkeit. Nun ist es der Charakter der idealen Tätigkeit, dass ihr ein von ihr unabhängiges Vorhandensein außer ihr gegeben werde; und dadurch unterscheidet sie sich vom Gefühle, in welchem Ideales und Reales eins ist. Die ideale Tätigkeit hat notwendig ein Objekt außer sich, das sie fixiert. Hier ist die Rede von einem Zweckbegriffe, hier soll das Objekt nicht gegenwärtig, in dem der Begriff entworfen wird
[sic], existieren, aber es soll doch sein etwas existieren Könnendes und zufolge des Zweckbegriffs auch existieren Sollendes. Man abstrahiere auch davon, so bleibt doch immer noch ein Objekt der Vorstellung. Wir haben hier die eigentliche Objektivität zu deduzieren.

Nach Reinhold kommt im Bewusstsein vor Subjekt, Objekt und Vorstellung. Die letztere kommt erst im Bewusstsein vor, wenn von neuem reflektiert wird. Aber Subjekt und Objekt sind nun verschieden, sowohl beim Wirklichen oder beim Erdichteten wird das Objekt des Denkens vom Subjekt des Denkens unterschieden. Dieser allgemeine Begriff des Objekts soll hier bemerkt werden. - Dies ist nun die Anschauung des Satzes, der oben da war: Der idealen Tätigkeit muss immer etwas Reales entgegengesetzt werden, sonst ist die Anschauung nicht möglich.


Dieser soeben geschilderte Charakter des Objekts muss dem zu entwerfenden Begriff zukommen.


2) Der Stoff, aus welchem das ideal Tätige seinen Bgeriff zusammensetzt, soll das Mannigfaltige des Gefühls sein. Aber das Gefühl ist nichts Objektives, es ist nichts, das begriffen wird. Fühlen und Begreifen sind einander entgegengesetzt. Im Begriff oder in der Anschauung muss außer einander liegen, was im Gefühl eins ist. Unsere Aufgabe ist nun: Wie mag das, was Sache des Gefühls ist, Objekt einer Anschauung oder des Begreifens werden können?
 
 
Nota.
Das ist der Stein des Weisen, den er uns hier zu enthüllen verspricht: Wie wird aus Sinnlichem ein Geist? Wie wird aus Singulärem ein Bezügliches, ein Geltendes?
(Später kehrt sich das Verhältnis um: Wie wird aus Vorgestelltem ein Real-Materielles?)

//78// (Diese Frage ist sehr wichtig, wir kommen dadurch zum eigentlichen Objekt, zum NichtIch und zur Beschreibung der Art und Weise, wie das NichtIch entworfen wird.
 
Unsere Frage könnte auch so heißen: Wie kommt das Ich dazu, aus sich heraus zu gehen? Diese Frage macht eigentlich den Charakter der Wissenschaftslehre aus. Die Lehre von der produktiven Einbildungskraft wird hier eine neue Klarheit und Festigkeit erlangen. Die gesamte Sinnenwelt wird durch sie hervorgebracht nach ihren bestimmten Gesetzen.)
 
Unmittelbar ist das Gefühl Gegenstand der Anschauung nicht, auch kann das Gefühl nicht willkürlich erneuert werden, wie die Vorstellung eines Objekts erneuert werden kann: Ein Gefühl ist kein Ding, kein zu Konstruierendes, das beschrieben werden kann. Es ist ein Zustand; es ist kein Substanzielles, sondern ein Akzidens einer Substanz. Aber das Gefühl scheint mit dem Objekt ganz verknüpft zu sein, es kann nicht gefühlt werden, ohne es auf ein Objekt zu beziehen. Dies muss einen Grund haben, und wir werden den Zusammenhang zwischen Gefühl und Objekt aufsuchen.
 
3. Auf dem Punkt, auf welchem wir gestanden haben, bin ich beschränkt, d. h. es ist keine Anschauung meiner Tätigkeit möglich. Mit dieser Beschränkung ist nun Gefühl unmittelbar verknüpft. Was ist denn nun beschränkt? Ich bin bloß beschränkt, in wiefern ich gehe auf reale Tätigkeit, also bloß die reale Tätigkeit ist beschränkt, aber nicht die ideale. Sollte also noch etwas Weiteres folgen, so müsste es durch die ideale Tätigkeit geschehen.
 
Hier ist der Punkt, wo ideale und reale Tätigkeit sich trennen und wo eine nur beschrieben werden kann, indem man sie auf die andere bezieht, denn beide stehen im Wechsel. - Im Gefühle kommt das ganze unzerteilte Ich vor; sehen können wir das Ich nicht, aber fühlen.
 
Die ideale Tätigkeit kann sich weiter ausdehnen, wurde eben gesagt, dies heißt mit Freiheit und mit Selbsttätigkeit, welches der Charakter des Ich ist. So äußert sich die Tätigkeit des Ich im Gefühl nicht, denn das Gefühl soll erst durch die Beschränkung zum Gefühl geworden sein.
 
//79// Die Intelligenz geht auf etwas von ihr Unabhängiges; sie soll sich äußern; wie und aus welchem Grunde? Aus keinem, sie ist absoluten Tätigkeit des Ich, sie muss sich äußern, sobald die Bedingung ihrer Möglichkeit eintritt, und dies ist der Fall, wo die reale Tätigkeit gehemmt ist.
 
Nota I. 
Es kann nicht gefühlt werden, ohne das Gefühl auf ein Objekt zu beziehen. - Sehen können wir das Ich nicht, aber fühlen. Andersrum: Weil wir das Ich fühlen, müssen wir dieses Gefühl auf ein Objekt beziehen. Nur so und nicht anders wissen wir von unserm Ich. 
Nota II.
Erst hier fällt es auf: In der bisherigen Darstellung war die Unterscheidung zwischen realer und idealer Tätigkeit nur als faktisch gegeben vorausgesetzt; hier erst wird gezeigt, wie es zu der Scheidung kommt.
Zur Terminologie noch dies: Intelligenz in specie ist die ideale Tätigkeit - sofern angeschaut und reflektiert wird; die reale Tätigkeit ist praktisch: tatsächlich einbildend.
 
Die Natur des Ich ist ein Trieb, wir können also die ideale Tätigkeit erklären aus einem Trieb zur Reflexion, auch Trieb nach einem Objekte oder Sachtrieb, welcher vorausgesetzt werden muss, um die ideale Tätigkeit zu erklären. Ein solcher Trieb kann nicht gefühlt werden, denn ein Trieb kann nur gefühlt werden, in wiefern er nicht befriedigt wird. Aber der Reflexionstrieb wird allenthalben befriedigt. Man muss ihn sorgfältig unterscheiden von den Triebe nach reeller Tätigkeit, welcher oft nicht befriedigt wird.
 
Es wird also angeschaut, weil angeschaut wird.
 
Nota. 
Auch hier heißt es nicht: Es gibt im Menschen einen Trieb zur Reflexion, darum muss er anschauen. Sondern andersrum: Real ist Tätigkeit. Wir schließen daraus auf ein tätiges Ich, dessen Sein muss als Trieb vorgestellt werden, der sich als Tätigkeit realisiert. Die Tätigkeit stößt auf einen Widerstand, dabei bleibt ein Quantum Tätigkeit am Widerstand hängen, den es als Objekt anschaut. Diesen gebundenen Teil der Tätigkeit nennen wir Reflexions-, Objekt- oder Sachtrieb.

4) Es kommt der idealen Tätigkeit der Charakter der Freiheit der Tätigkeit zu, da das Gefühl im Gegenteil ein Leiden ist. Aber die ideale Tätigkeit ist oben erklärt worden als gebunden. Was ist das nur für eine Freiheit, die dabei gedacht wird? Es ist ein eigentliches Tun, ein Hervorbringen eines Neuen, das erst durch diese Tätigkeit wird. Die Gebundenheit der idealen Tätigkeit wird darin bestehen, dass sie nicht unbedingt frei ist, sondern sich nach gewissen Gesetzen richten muss.
 
Der Charakter der Freiheit kann der idealen Tätigkeit nicht zukommen, außer in wiefern das Ich sich diese Tätigkeit zuschreibt. Dieses geschieht durch Gegensatz eines nicht freien Zustandes - des Gefühls. Wenn daher die ideale Tätigkeit gesetzt würde als ein Losreißen aus dem leidenden Zustande des Gefühls, so wäre der Gegensatz und das Vereinigungsband zwischen Gefühl und Anschauung da. Anschauung ohne Gefühl wäre nicht da, und aus dem Gefühl müsste notwendig Anschauung folgen.
 
Wir hätten hier in einer weiteren Bestimmung den Satz wieder: Ideale und reale Tätigkeit sind nichts ohne einander. Hier heißt es: Gefühl und Anschauung sind nicht ohne einander. Gefühl ist etwas Reales, Anschauung etwas Ideales. 

Wir hätten nun auch den Vorteil, dass das Ge-//80//fühl aus dem System des menschlichen Geistes nicht verlorenginge, sondern dass es notwendig mit demselben verknüpft wäre und einen notwendigen Bestandteil desselbe ausmachte. Jeder Punkt, der aufgestellt worden ist, muss mit dem Ganzen verflochten sein. Dies findet sich nun hier bei der Anschauung, sie ist nicht möglich, wenn nicht ein Gefühl mitgesetzt wird.
 
Wir erhielten also das Resultat:
 
Keine Anschauung ohne Gefühl und kein Gefühl ohne Anschauung. Beide waren synthetisch vereinigt und wechselseitig durch einander bestimmbar. Anschauung ist nichts, außer in wiefern ihr ein Gefühl entgegengesetzt wird. Der Übergang vom Gefühl zur Anschauung ist der: Sobald die ideale Tätigkeit sich äußern kann, äußert sie sich, und sobald ein Gefühl da ist, kann sie sich äußern; also äußert sie sich. 

Nota.  
Eine streng streng idealistische - und streng kritizistische - Philosophie kann den Geist gar nicht in einen Gegensatz zur Sinnlichkeit setzen, sie muss jene vielmehr als dessen dialektische Bedingung auffassen; d. h. in einem Gegensatz nur, insofern er überwunden ist. Sie ist monistisch, freilich nicht in einem ontologischen, sondern in transzendentalem Sinn.

5) Dass es so sein müsste, wie beschrieben worden ist, war aus der Beschreibung selbst hervorgegangen. Soll nämlich eine freie Handlung des Ich, praktische Tätigkeit, gesetzt werden, so muss Gefühl sein; das Gefühl hat aber keinen anderen Einfluss in die übrigen Operationen der Vernunft, wenn es nicht gesetzt wird. Aber es kann nicht gesetzt werden außer durch Gegensatz mit der Anschauung. Die Hauptfrage ist nun, wie beide in Gegensatz und in Beziehung gesetzt werden; in welchem Akte des Gemüts sie verglichen werden? (Das Gefühl sei - A, die Anschauung - B, nun muss es ein Drittes - C geben, in welchem Gefühl und Anschauung, A und B vereinigt sind.)

Mit der Anschauung ist selbst ein Gefühl unmittelbar verknüpft, die Beziehung der Anschauung auf mich. Das, wodurch sie meine Anschauung wird, ist selbst ein Gefühl. Warum, könnte man fragen, erscheinen mir meine Gedanken, Anschauungen etc. nicht als Bewegung eines Fremden außer mir? Diese Frage ist wichtig. (Die Kantische Synthesis der reinen Apperzeption erhebt sich dazu nicht.) 


Das Setzen meiner selbst liegt gewissen Dingen zu Grunde, ist mit ihnen vereinigt. Das Setzen meiner selbst bei der Anschauung ist ein Gefühl von mir selbst. Im Gefühl von mir selbst ist offenbar nichts anderes vorhanden, als auch ein Gefühl, ich fühle mich und fühle mich als beschränkt. Ich fühle
//81// mich, und indem ich fühle, schaue ich nicht an und denke nicht, ich bin dann nur für mich in [dem] und durch das Gefühl.

 
Die Hauptfrage ist: Wie kann das Ich, da alles sein Bewusstsein Bewusstsein freier Tätigkeit ist, sich seiner freien Tätigkeit bewusst werden. - 
 
Wir wissen, das ich muss vor allen Dingen sich einen Begriff seiner Tätigkeit entwerfen, einen Zweckbegriff; es muss ihm ein Mannigfaltiges für die Wahl durch Freiheit gegeben werden, dies wird ihm gegeben im Gefühl. Wir hätten dem-//77//nach den materialen Teil der Frage beantwortet, nämlich dem Ich einen Stoff gegeben, aus dem es seinen Begriff entwirft. Aber der formale Teil der Frage ist noch nicht beantwortet. Wie setzt das Ich aus dem Mannigfaltigen des Gefühls den Zweckbegriff zusammen?

1) Das für die Selbstbestimmung entworfene und zu entwerfenden ist ein Begriff, sonach Objekt der idealen oder anschauenden Tätigkeit. Nun ist es der Charakter der idealen Tätigkeit, dass ihr ein von ihr unabhängiges Vorhandensein außer ihr gegeben werde; und dadurch unterscheidet sie sich vom Gefühle, in welchem Ideales und Reales eins ist. Die ideale Tätigkeit hat notwendig ein Objekt außer sich, das sie fixiert. Hier ist die Rede von einem Zweckbegriffe, hier soll das Objekt nicht gegenwärtig, in dem der Begriff entworfen wird
[sic], existieren, aber es soll doch sein etwas existieren Könnendes und zufolge des Zweckbegriffs auch existieren Sollendes. Man abstrahiere auch davon, so bleibt doch immer noch ein Objekt der Vorstellung. Wir haben hier die eigentliche Objektivität zu deduzieren.

Nach Reinhold kommt im Bewusstsein vor Subjekt, Objekt und Vorstellung. Die letztere kommt erst im Bewusstsein vor, wenn von neuem reflektiert wird. Aber Subjekt und Objekt sind nun verschieden, sowohl beim Wirklichen oder beim Erdichteten wird das Objekt des Denkens vom Subjekt des Denkens unterschieden. Dieser allgemeine Begriff des Objekts soll hier bemerkt werden. - Dies ist nun die Anschauung des Satzes, der oben da war: Der idealen Tätigkeit muss immer etwas Reales entgegengesetzt werden, sonst ist die Anschauung nicht möglich.


Dieser soeben geschilderte Charakter des Objekts muss dem zu entwerfenden Begriff zukommen.


2) Der Stoff, aus welchem das ideal Tätige seinen Bgeriff zusammensetzt, soll das Mannigfaltige des Gefühls sein. Aber das Gefühl ist nichts Objektives, es ist nichts, das begriffen wird. Fühlen und Begreifen sind einander entgegengesetzt. Im Begriff oder in der Anschauung muss außer einander liegen, was im Gefühl eins ist. Unsere Aufgabe ist nun: Wie mag das, was Sache des Gefühls ist, Objekt einer Anschauung oder des Begreifens werden können?
 
 
Nota.
Das ist der Stein des Weisen, den er uns hier zu enthüllen verspricht: Wie wird aus Sinnlichem ein Geist? Wie wird aus Singulärem ein Bezügliches, ein Geltendes?
(Später kehrt sich das Verhältnis um: Wie wird aus Vorgestelltem ein Real-Materielles?)

//78// (Diese Frage ist sehr wichtig, wir kommen dadurch zum eigentlichen Objekt, zum NichtIch und zur Beschreibung der Art und Weise, wie das NichtIch entworfen wird.
 
Unsere Frage könnte auch so heißen: Wie kommt das Ich dazu, aus sich heraus zu gehen? Diese Frage macht eigentlich den Charakter der Wissenschaftslehre aus. Die Lehre von der produktiven Einbildungskraft wird hier eine neue Klarheit und Festigkeit erlangen. Die gesamte Sinnenwelt wird durch sie hervorgebracht nach ihren bestimmten Gesetzen.)
 
Unmittelbar ist das Gefühl Gegenstand der Anschauung nicht, auch kann das Gefühl nicht willkürlich erneuert werden, wie die Vorstellung eines Objekts erneuert werden kann: Ein Gefühl ist kein Ding, kein zu Konstruierendes, das beschrieben werden kann. Es ist ein Zustand; es ist kein Substanzielles, sondern ein Akzidens einer Substanz. Aber das Gefühl scheint mit dem Objekt ganz verknüpft zu sein, es kann nicht gefühlt werden, ohne es auf ein Objekt zu beziehen. Dies muss einen Grund haben, und wir werden den Zusammenhang zwischen Gefühl und Objekt aufsuchen.
 
3. Auf dem Punkt, auf welchem wir gestanden haben, bin ich beschränkt, d. h. es ist keine Anschauung meiner Tätigkeit möglich. Mit dieser Beschränkung ist nun Gefühl unmittelbar verknüpft. Was ist denn nun beschränkt? Ich bin bloß beschränkt, in wiefern ich gehe auf reale Tätigkeit, also bloß die reale Tätigkeit ist beschränkt, aber nicht die ideale. Sollte also noch etwas Weiteres folgen, so müsste es durch die ideale Tätigkeit geschehen.
 
Hier ist der Punkt, wo ideale und reale Tätigkeit sich trennen und wo eine nur beschrieben werden kann, indem man sie auf die andere bezieht, denn beide stehen im Wechsel. - Im Gefühle kommt das ganze unzerteilte Ich vor; sehen können wir das Ich nicht, aber fühlen.
 
Die ideale Tätigkeit kann sich weiter ausdehnen, wurde eben gesagt, dies heißt mit Freiheit und mit Selbsttätigkeit, welches der Charakter des Ich ist. So äußert sich die Tätigkeit des Ich im Gefühl nicht, denn das Gefühl soll erst durch die Beschränkung zum Gefühl geworden sein.
 
//79// Die Intelligenz geht auf etwas von ihr Unabhängiges; sie soll sich äußern; wie und aus welchem Grunde? Aus keinem, sie ist absoluten Tätigkeit des Ich, sie muss sich äußern, sobald die Bedingung ihrer Möglichkeit eintritt, und dies ist der Fall, wo die reale Tätigkeit gehemmt ist.
 
Nota I. 
Es kann nicht gefühlt werden, ohne das Gefühl auf ein Objekt zu beziehen. - Sehen können wir das Ich nicht, aber fühlen. Andersrum: Weil wir das Ich fühlen, müssen wir dieses Gefühl auf ein Objekt beziehen. Nur so und nicht anders wissen wir von unserm Ich. 
Nota II.
Erst hier fällt es auf: In der bisherigen Darstellung war die Unterscheidung zwischen realer und idealer Tätigkeit nur als faktisch gegeben vorausgesetzt; hier erst wird gezeigt, wie es zu der Scheidung kommt.
Zur Terminologie noch dies: Intelligenz in specie ist die ideale Tätigkeit - sofern angeschaut und reflektiert wird; die reale Tätigkeit ist praktisch: tatsächlich einbildend.
 
Die Natur des Ich ist ein Trieb, wir können also die ideale Tätigkeit erklären aus einem Trieb zur Reflexion, auch Trieb nach einem Objekte oder Sachtrieb, welcher vorausgesetzt werden muss, um die ideale Tätigkeit zu erklären. Ein solcher Trieb kann nicht gefühlt werden, denn ein Trieb kann nur gefühlt werden, in wiefern er nicht befriedigt wird. Aber der Reflexionstrieb wird allenthalben befriedigt. Man muss ihn sorgfältig unterscheiden von den Triebe nach reeller Tätigkeit, welcher oft nicht befriedigt wird.
 
Es wird also angeschaut, weil angeschaut wird.
 
Nota. 
Auch hier heißt es nicht: Es gibt im Menschen einen Trieb zur Reflexion, darum muss er anschauen. Sondern andersrum: Real ist Tätigkeit. Wir schließen daraus auf ein tätiges Ich, dessen Sein muss als Trieb vorgestellt werden, der sich als Tätigkeit realisiert. Die Tätigkeit stößt auf einen Widerstand, dabei bleibt ein Quantum Tätigkeit am Widerstand hängen, den es als Objekt anschaut. Diesen gebundenen Teil der Tätigkeit nennen wir Reflexions-, Objekt- oder Sachtrieb.

4) Es kommt der idealen Tätigkeit der Charakter der Freiheit der Tätigkeit zu, da das Gefühl im Gegenteil ein Leiden ist. Aber die ideale Tätigkeit ist oben erklärt worden als gebunden. Was ist das nur für eine Freiheit, die dabei gedacht wird? Es ist ein eigentliches Tun, ein Hervorbringen eines Neuen, das erst durch diese Tätigkeit wird. Die Gebundenheit der idealen Tätigkeit wird darin bestehen, dass sie nicht unbedingt frei ist, sondern sich nach gewissen Gesetzen richten muss.
 
Der Charakter der Freiheit kann der idealen Tätigkeit nicht zukommen, außer in wiefern das Ich sich diese Tätigkeit zuschreibt. Dieses geschieht durch Gegensatz eines nicht freien Zustandes - des Gefühls. Wenn daher die ideale Tätigkeit gesetzt würde als ein Losreißen aus dem leidenden Zustande des Gefühls, so wäre der Gegensatz und das Vereinigungsband zwischen Gefühl und Anschauung da. Anschauung ohne Gefühl wäre nicht da, und aus dem Gefühl müsste notwendig Anschauung folgen.
 
Wir hätten hier in einer weiteren Bestimmung den Satz wieder: Ideale und reale Tätigkeit sind nichts ohne einander. Hier heißt es: Gefühl und Anschauung sind nicht ohne einander. Gefühl ist etwas Reales, Anschauung etwas Ideales. 

Wir hätten nun auch den Vorteil, dass das Ge-//80//fühl aus dem System des menschlichen Geistes nicht verlorenginge, sondern dass es notwendig mit demselben verknüpft wäre und einen notwendigen Bestandteil desselbe ausmachte. Jeder Punkt, der aufgestellt worden ist, muss mit dem Ganzen verflochten sein. Dies findet sich nun hier bei der Anschauung, sie ist nicht möglich, wenn nicht ein Gefühl mitgesetzt wird.
 
Wir erhielten also das Resultat:
 
Keine Anschauung ohne Gefühl und kein Gefühl ohne Anschauung. Beide waren synthetisch vereinigt und wechselseitig durch einander bestimmbar. Anschauung ist nichts, außer in wiefern ihr ein Gefühl entgegengesetzt wird. Der Übergang vom Gefühl zur Anschauung ist der: Sobald die ideale Tätigkeit sich äußern kann, äußert sie sich, und sobald ein Gefühl da ist, kann sie sich äußern; also äußert sie sich. 

Nota.  
Eine streng streng idealistische - und streng kritizistische - Philosophie kann den Geist gar nicht in einen Gegensatz zur Sinnlichkeit setzen, sie muss jene vielmehr als dessen dialektische Bedingung auffassen; d. h. in einem Gegensatz nur, insofern er überwunden ist. Sie ist monistisch, freilich nicht in einem ontologischen, sondern in transzendentalem Sinn.

5) Dass es so sein müsste, wie beschrieben worden ist, war aus der Beschreibung selbst hervorgegangen. Soll nämlich eine freie Handlung des Ich, praktische Tätigkeit, gesetzt werden, so muss Gefühl sein; das Gefühl hat aber keinen anderen Einfluss in die übrigen Operationen der Vernunft, wenn es nicht gesetzt wird. Aber es kann nicht gesetzt werden außer durch Gegensatz mit der Anschauung. Die Hauptfrage ist nun, wie beide in Gegensatz und in Beziehung gesetzt werden; in welchem Akte des Gemüts sie verglichen werden? (Das Gefühl sei - A, die Anschauung - B, nun muss es ein Drittes - C geben, in welchem Gefühl und Anschauung, A und B vereinigt sind.)

Mit der Anschauung ist selbst ein Gefühl unmittelbar verknüpft, die Beziehung der Anschauung auf mich. Das, wodurch sie meine Anschauung wird, ist selbst ein Gefühl. Warum, könnte man fragen, erscheinen mir meine Gedanken, Anschauungen etc. nicht als Bewegung eines Fremden außer mir? Diese Frage ist wichtig. (Die Kantische Synthesis der reinen Apperzeption erhebt sich dazu nicht.) 


Das Setzen meiner selbst liegt gewissen Dingen zu Grunde, ist mit ihnen vereinigt. Das Setzen meiner selbst bei der Anschauung ist ein Gefühl von mir selbst. Im Gefühl von mir selbst ist offenbar nichts anderes vorhanden, als auch ein Gefühl, ich fühle mich und fühle mich als beschränkt. Ich fühle
//81// mich, und indem ich fühle, schaue ich nicht an und denke nicht, ich bin dann nur für mich in [dem] und durch das Gefühl.

   § 7 [sic; Zusammenfassung?]

Mit dem Gefühle ist eine Anschauung notwendig verbunden, denn das Gefühl ist Begrenztheit; aber eine Begrenztheit ist nichts ohne Gegensatz der Tätigkeit; aber dasjenige im Ich, was notwendige Tätigkeit bleibt, ist sein ideales Vermögen. Der Vereinigungspunkt des Gefühls und der Anschauung ist der, dass das Ich sich, indem es in realer Rücksicht sich begrenzt fühlt, sich in idealer anschauend fühlt
 
In wiefern die Anschauung auf die Begrenztheit geht - welche Begrenztheit dadurch, dass die Anschauung auf sie geht, bloßes Objekt ohne alle Beziehung auf ein Subjekt wird -, wird sie gefühlt als gebunden in der Darstellung des Objekts; aber ein solches Gefühl ist nicht möglich ohne ein entgegengesetztes der Freiheit. Die Anschauung wird sonach auch in anderer Rücksicht als frei gefühlt und ist in sofern Anschauung des Ideals.
 
Nota. 
Das 'Wesen' des Ich ist Tätigkeit, Wollen, Streben, Trieb - nämlich Einbildungskraft; aber dies alles gedacht als an-sich-seiend. Real wird es im Moment, da es auf einen Widerstand stößt, es 'reißt sich zusammen' zum reellen Einbilden eines Objekts - "Darstellung", sagt F. an dieser Stelle; eine hilfreiche Erläuterung. (Aus dem Kreis des 'bloßen Vorstellens' treten wir nirgends heraus.)
 
§ 8
 
Im vorigen Paragraphen ist die Anschauung als notwendig und die Gründe dieser Notwendigkeit aufgezeigt. Aber im Anschauen verliert sich das Ich im Objekte, wie ist also noch ein //88// Begriff von einem freien Handelns möglich, oder wie ist das Ich für sich selbst möglich? Wir müssen also jetzt noch das Ich aufsuchen oder zeigen, wie die Anschauung auf das Ich muss bezogen werden, wie das Ich für sich da sein müsse. 

1) Es gibt nach dem Obigen ein Mannigfaltiges des Gefühls, aber ein Gefühl ist eine bestimmte Beschränktheit, und es ist unmöglich, dass das Ich sich in derselben Rücksich als beschränkt fühle und sich auch nicht auf diese Weise beschränkt fühle; was allerdings sein würde, wenn in derselben Rücksicht ein Mannigfaltiges des Gefühls sein sollte. Das Ich wäre auf diese Art beschränkt und nicht beschränkt, das Ich wäre sich selbst entgegengesetzt; es bliebe keine Realität (Stoffheit). Sonach lässt sich ein solches Mannigfaltiges nur denken durch Veränderung des Zustands des Fühlenden. (Das Mannigfaltige darf kein simultanes, sondern muss ein sukzessives sein; dies wird erst deutlich, wenn die Zeit deduziert ist.)

Wie soll denn nun eine Veränderung der Zustands des Fühlenden möglich sein? Unsere bisherige Ansicht ist: Das Ich ist ursprünglich in gewisse Schranken eingeschlossen; daraus geht für das Ich hervor eine Welt. Das Ich kann mit absoluter Freiheit diese Schranken erweitern, dadurch verändert es seinen Zustand und damit auch seine Welt. Aber die Möglichkeit dieser Selbstbestimmung durch Freiheit ist noch nicht deduziert. Folglich kann hier die Rede davon noch nicht sein.

Verändert sich etwa der Zustand unserer Beschränktheit und die ihm korrespondierende Welt von selbst? Dies ist nicht zu erwarten, denn es gehört zum Charakter der Welt, dass sie nur ist, nicht wird, sie fängt keine Handlung an. Die Sache müsste so sein, dass schon in unserer Natur, in unserer Bestimmtheit ein Prinzip der Veränderung läge, so wie dies bei den Pflanzen und Tieren der Fall ist. - Tiefer unten wird sich so etwas finden. - Es verhalte sich wie es wolle, so darf ich hier diesem Postulate der Veränderung nur hypothetische Gültigkeit zuschreiben. Sollte sich aber zeigen, dass nur allein durch eine solche Annahme, und ohne sie nicht, das Bewusstsein erklärt werden könnte, dann hätte ich das Recht, sie kategorisch zu postulieren.
 
Nota I.
'Zum Charakter der Welt gehört, dass sie nur ist, nicht wird': Das wäre absurd, wenn von der Welt die Rede wäre, 'wie sie wirklich ist'. Hier ist aber die Rede davon, wie sie erstmals in der Vorstellung vorkommt, und zwar nicht die Welt in concreto, sondern eine 'Welt überhaupt'. Die setzt sich das Bewusstsein allerdings als schlechthin daseiend voraus.
Nota II.
[Gewiss wird sich das Ich seiner schließlich bewusst werden, indem es sich in seiner Vorstellung sich selbst 'entgegensetzt'. Aber wie kommt es dazu? Durch die Veränderlichkeit seines Zustands im Gefühl, die ist Bedingung.]

2) Es entsteht also eine Veränderung des Zustandes des Ich. //89// Es sind sonach vorhanden zwei Gefühle A und B (bloße Gefühle der Beschränktheit). Was nach dem vorigen Paragraphen aus dem Gefühle überhaupt, und hier aus dem Gefühle A erfolgt, das muss auch in dem Gefühle B erfolgen. Da aber die Gefühle A und B verschieden sind, so muss auch alles, was aus ihnen erfolgt, verschieden sein. Dies eröffnet uns eine wichtige Aussicht, welche sich uns über das Innere des menschlichen Geistes mehr verbreitet. [sic]

Vorderhand ists uns um die Vereinigung dieser verschiedenen Gefühle im Bewusstsein zu tun. Dies wird uns weiter führen.

Oben - Paragraph 6 - hatten wir eine ähnliche Frage aufgeworfen: wie das Mannigfaltige der Gefühle auf einander bezogen und unterschieden werden könne. Dies hat die materiale Schwierigkeit gelöst, aber nicht die formale: Worin werden denn die zwei Zustände vereinigt? Wenn ich sage: das Gefühl A, beziehe ich [es] auf meinen ganzen Zustand; so z. B.: Mein Zustand ist in A und B ganz, nur dass jetzt ein A, dann ein B abgerechnet ist - dann habe ich einen Faden, woran ich A und B festhalte; aber woran halte ich diesen Faden fest? Wir haben ein Was, aber kein Wie, das diesen Zustand festhält.
 
Nota I.
Es soll eine Synthesis erfolgen; dass sie wirklich geschieht - und also möglich war -, wissen wir, denn das ist unser Aussgangspunkt. Worin sie besteht, wissen wir jetzt auch. Aber wir wissen nicht, wie sie geschieht = wodurch sie möglich wurde.
Nota II.
Die Wissenschaftslehre soll nicht sein, wie Hegels Phänomenologie des Geistes, eine reale Entwicklungsgeschichte des Bewusstseins oder der Vernunft; sondern ein abstraktes Modell der Bedingungen ihrer Möglichkeit. Die müssen sämtlich im selben Momet da sei, wenn vernünftiges Bewusstsein werden soll.
Wie aber individuelles Bewusstsein in der Zeit wirklich entsteht, ist eine Frage an die empirische Forschung. Die Wissenschaft, die sich damit befasst, ist die Psychologie.

3. Man sehe die Vereinigung an als die Vereinigung der entgegengesetzten Gefühle A und B oder als [sic] entgegengesetzter Zustände an. Das ganze System der Sensibilität kann nicht gefühlt werden, denn sie [sic] ist nichts Positives, sondern lediglich ein Verhältnis. Aber schon oben haben wir gefunden, dass die Tätigkeit des Ich nur angeschaut werden kann als ein Übergehen vom Bestimmbaren zum Bestimmten. Man kann daher auch sagen, in Absicht des Ich ist nichts anschaubar als das Übergehen. Also jenes Übergehen, das nicht gefühlt werden kann, da es nichts Positives ist, müsste etwa angeschut werden. Wir wissen aber noch nicht, wie oder ob eine solche Anschauung möglich sei. Wir wissen nur, dass sie nicht gefühlt werden könne. Doch aber muss, wenn ein Übergang da sein soll, dieser für das Ich da sein. 

Wir wollen vorläufig die Angabe [sic] genauer bestimmen. Es war oben und hier wieder die Rede von einem System der Sensi-//90//bilität überhaupt. Was ist nun dies? Die Gefühle selbst sind es nicht, denn sie sollen ja von ihm unterschieden und für das Ich erst möglich werden durch den Unterschied von [sic] und die Beziehung auf das System. Dieses System wäre also die Veränderlichkeit oder Affektibilität des Ich, und zwar als System, als etwas Erschöpftes, Ganzes, die ideale Tätigkeit Bindendes; die Summe der möglichen Veränderungen der Form nach, abstrahiert von allem Gehalte (das wird werden unser Leib als das System der Affektibilität und Spontaneität; von der ersteren ist hier nur die Rede).

Nota I.
Hier liegen offenbar mehrere Schreibfehler vor. In der ersten Zeile soll von der Vereinigung entgegengesetzter Zustände geredet werden. Im folgenden Satz ist es nichts Positives, denn nicht die Sensibilität, sondern das System ist gemeint. Und in der ersten Zeile des zweiten Absatzes soll wohl eine Aufgabe genauer bestimmt werden. 
Bis hier waren die Gefühle eine Mannigfaltigkeit von Singularia, denen nur die Art und Weise, wie sie das Ich affizieren, gemeinsam war. Ihre Herkunft war ganz unklar, sie mochten vom Himmel gefallen sein. Abgeleitet waren sie nicht, aber real in jedem Fall. Ihre Herkunft muss ihrerseits 'hergeleitet' werden, nämlich re konstruiert aus dem Faktum des Gefühls. 
Fichte leitet nicht aus einer vorausgesetzten Dualität von Geist und Leib einen Gegensatz von Fühlen und Denken ab, sondern leitet umgekehrt vom Platz des Gefühls in der Genesis des Bewusstseins den Leib her. Eine Dualität wird sich so voraussichtlich am Schluss nicht einstellen müssen.
Nota II.
Es wird weder die Herkunft noch das 'Wesen' der Gefühle diskutiert, denn um sie geht es nicht in specie. Es geht um sie in ihrer 'Ganzheit' als Verhältnis, als System. Aber auch um dies nicht in specie, so dass er das Verhältnis bestimmen müsste; sondern um die Wechsel der Zustände des Ganzen: Sie sind es, die von der idealen Tätigkeit angeschaut werden, sie sind das Bestimmbare, das zu bestimmen ist. - Für ein Wesen oder An-sich ist in der Transzendentalphilosophie kein Platz.
 
Das Ganze ist nichts als Verhältnisse, und doch soll es etwas werden. Dies liegt in der Natur der idealen Tätigkeit, und dieser ihr [sic] produktives Vermögen zu erörtern ist unser vorzüglichstes Geschäfte; z. B. das Materie im Raume ausgedehnt sei und dass diese nichts sei als das Verhältnis auf unsere Empfindung.
 
Hier sind wir beim Entstehungorte des Systems unserer Sensibilität für uns, und unsere gegenwärtige Voraussetzung, dass unsere Gefühle angeschaut werden, erklärt dieses System der Sensibilität, so wie dieses unsere Voraussetzung untertützt. 
 
Eine Veränderung von A zu B wird angeschaut, ist also ein Bestimmtes, aber dies ist nicht ohne ein Bestimmbares. Also keine Veränderung lässt sich anschauen ohne Veränderlichkeit; soll aber diese etwas sein für uns, so kann sie nur sein eine Zusammensetzung aus der Anschauung eines Übergehens.
 
So gewiss angeschaut wird, schwebt dem Anschauenden ein Objekt vor, welches sein Objektives davon enrhält, dass die Anschauung darauf bezogen wird. Dieses Veränderlichkeitwird also hier schon zu einem Etwas, weil eine Anschauung darauf geht. (Das System unserer Veränderlickeit ist unser Leib. Dieser ist ja etwas, soll ausgedehnt sein im Raume, dies wird er lediglich durch die Anschauung.) Die Anschauung X ist eine Anschauung des Ich selbst. Es wäre nun das Fühlende im System der Sensibilität erschöpft; das Ich dauert in allen Gefühlen fort, X wäre die Anschauung des Ich, in dieser Anschauung fände es sich selbst als Objekt.
  
Nota I.
Für uns selbst sind wir Ich zu allererst als Leib - das ist doch einfach, wozu all die dialektischen Umstände? Eben darum: Er ist nicht 'sein' Leib, nicht reale Dualität, sondern im Leib schaut das Ich sich selbst an. Aus der Vorstellung treten wir an keiner Stelle heraus.
Darum ist der Satz, das Ganze sei nichts als ein Verhältnis, nicht ontologisch zu verstehen wie bei Aristoteles, wo es 'mehr' sein soll als die 'Summe seiner Teile'; denn dieser Satz ist nicht vorstellbar, er müsste geglaubt werden, und das kommt für den Transzendentalphilosophen nicht in Frage.

Nota II.  
Als Sein in Raum und Zeit aufgefasst, ist das Ich leidend, nämlich Leib; als tätig aufgefasst, ist es Intelligenz; beide sind nur zwei Anschauungen desselben. In Raum und Zeit wirksam wird die Intelligenz als Leib. Das setzt voraus, dass der Leib für die Intelligenz geworden ist. Aber doch nicht, indem die Intelligenz vom Gefühl affiziert würde! Affizieren kann die Intelligenz nur sie selbst, nämlich indem sie anschauend tätig ist. 
Anschauen heißt Bestimmbares bestimmen. Welches Bestimmbare liegt hier vor? Nicht der Leib; der ist, und ist bestimmt. Und so der Zustand des Gesamtsystems der Sensibilität. Noch unbestimmt und also bestimmbar ist der Übergang zwischen zwei Zuständen: nicht das Übergehen in specie, sondern die ihm zu Grunde liegende Veränderlichkeit in genere. Sie ist das Bestimmbare am Leib, durch dessen Bestimmung der Leib für die Intelligenz werden kann. (War das zu rasant? Spätere Berichtigungen sind bei meinem Kommentaren immer vorbehalten.) 

[[S. 91]]

Das Ganze ist nichts als Verhältnisse, und doch soll Etwas werden; dies liegt in der Natur der idealen Tätigkeit, und dieser ihr produktives Vermögen zu erörtern ist unser vorzüglichstes Geschäfte, z. B. dass Matereie im Raum ausgedehnt sei und dass dieses nichts sei als ein Verhältnis auf unsere Empfindung.

Hier sind wir beim Entstehungsorte des Systems unserer Sensibilität für uns, und unsere gegenwärtige Voraussetzung, dass unsere Gefühle angeschaut werden, erklärt dieses System der Sensibilität, so wie dieses unsere Voraussetzung unterstützt.

Eine Veränderung von A zu B wird angeschaut, ist also ein Bestimmtes, aber dies ist nichts ohne Bestimmbares. Also keine Veränderung lässt sich anschauen ohne Veränderlichkeit; soll aber diese etwas für uns sein, so kann sie nur sein eine Zusammensetzung aus der Anschauung mehrerer Veränderungen.

Diese besondere und von der vorigen Paragraphen aufgstellten verschiedene Anschauung heiße X, sie ist nicht Anschauung überhaupt, sondern die Anschauung eines Übergehens.

So gewiss angeschaut wird, schwebt dem Anschauenden ein Objekt vor, welches sein Objektives davon erhält, dass die Anschauung darauf bezogen wird. Diese Veränderlichkeit wird also hier schon zu einem Etwas, weil seine Anschauung darauf geht. (Das System unserer Veränderlichkeit ist unser Leib. Dieser ist ja Etwas, soll ausgedehnt sein im Raume; dies wird er lediglich durch die Anschauung.) Die Anschauung X ist eine Anschauung des Ich selbst. Es wäre nun das Fühlende im System der Sensibilität erschöpft; das Ich dauert in allen Gefühlen fort, X wäre die Anschauung des Ich, in dieser Anschauung fände es sich selbst als Objekt. 

Nota.
Für uns selbst sind wir Ich zu allererst als Leib - das ist doch einfach, wozu all die dialektischen Umstände? Eben darum: Er ist nicht 'sein' Leib, nicht reale Dualität, sondern im Leib schaut das Ich sich selbst an. Aus der Vorstellung treten wir an keine Stelle heraus.
Darum ist der Satz, das Ganze sei nichts als ein Verhältnis, nicht ontologisch zu verstehen wie bei Aristoteles, wo es 'mehr' sein soll als die 'Summe seiner Teile'; denn dieser Satz ist nicht vorstellbar, er müsste geglaubt werden, und das kommt für den Transzendentalphilosophen nicht in Frage.

Alle Erfahrung ist ein beständiger Wechsel von Verän-//92//derungen. Woher nun das Fortdauernde, welches in den Erscheinungen erscheine?

Jenes Dauernde ist nichts anderes, als das in allem Wechsel vorstellende Ich als das Handelnde, aber es erscheint qualis talis nicht, es erscheint objektiv, weil es in die Anschauung hereinfällt. So ists in der Anschauung X. Es sind die entgegengesetzten Gefühle A und B, diese vereinige ich in mir, mich aber musste ich anschauen, und diese Anschauung würde mir den Boden geben, auf den ich A und B auftragen könnte. Es ist nun die Schwierigkeit, wie Tätigkeit qualis talis angeschaut werden könnte. In der Anschauung X schaut das Ich sich selbst an als das in beiden Gefühle A und B Tätige. Dies Resultat ist noch Problem.


5) Überhaupt eine bestimmte Tätigkeit ist die dem Ich in X zugeschriebene allerdings, denn es ist die Anschauung Y als eines das Ich überhaupt Begrenzenden. Die vorausgesetzte Begebenheit kurz ausgedrück heißt: Ich schaue mich an in X als anschauend Y. Ich soll sonach in beiden Anschauungen mich finden als dasselbe Ich, beide müssten demnach in einem Dritten vereinigt werden.

Die Anschauung X wird die meinige durch ein unmittelbares Gefühl, so nicht die Anschauung Y; diese geht durch X hindurch und müsste da an sie geknüpft werden, wenn sie meine heißen sollte. In der Anschauung X müsste die Anschauung Y notwendig erhalten sein als ein notwendiger Bestandteil, so dass X und Y nicht getrennt werden können. Y müsste durch X hindurch gefühlt werden, und dies könnte nur so geschehen, dass die ideale Tätigkeit in Y beschränkt wäre, gerade so zu bilden und nicht anders; dadurch nur allein würde auch das Gefühl dessen, was Y anschaut, möglich. Denn jedes Gefühl ist Begrenztheit, und hier wäre denn Gefühl einer wirklichen Begrenztheit, aber einer idealen; dadurch würde die Tätigkeit in X anschaubar - sie würde Objektives -, dass sie begrenztes Quantum ist.

Sonach wäre der Zustand des Ich: Ich fühle mich begrenzt; aber das, in Rücksicht dessen ich mich begrenzt fühle, ist eine wirkliche, aber ideale Tätigkeit. In wiefern es Tätigkeit ist, kann ich es nur anschauen, in wiefern sie aber beschränkt ist, fühle ich sie, dies gibt das //93// Gefühl Y; beide, X und Y, sind unzertrennlich verbunden, eins kann ohne das andre nicht sein.

Nota.
...'den Boden geben, auf den ich A und B auftragen könnte'; '...müsste durch X hindurch gefühlt werden'; 'anschauen als anschauend', 'Quantum' usw.: Das sind alles keine Begriffe, sondern Anweisungen an die Vorstellung. Es gibt nichts objektiv zu konstruieren, man muss die Vorstellungen jedesmal selber subjektiv hervorbringen. Darum bedient er sich umgangssprachlicher Wendungen, die man anschaulich und metaphorisch verstehen kann. Begriffe sind gar nicht am Platze, sie wären irreführend und falsch.
Dies gesagt habend, räume ich ein: An dieser Stelle komme ich mit dem Vorstellen nicht ganz hinterher.

Das Gefühl der  idealen Tätigkeit ist nicht möglich und die ideale Tätigkeit kann nicht da sein, wenn sie nicht beschränkt ist. Diese Beschränktheit ist die Anschauung Y, das, was im Gefühle beschränkt wird, ist das Reale des Ich, aber so bald das Reale beschränkt ist, tritt die ideale Tätigkeit wieder ein, und dies ist das in der Anschauung X Tätige. Wir haben hier wieder eine Synthesis, wie oben bei der Anschauung überhaupt.

Die oben geschilderte Anschauung Y ist hier das Begrenzende selbst, es ist eine Handlung des Ich, die Anschauung des Dinges. Aus dieser Anschauung, bezogen auf das wirkliche Ich, entsteht ein Gefühl, da aber kein Gefühl ohne Anschauung ist, so entsteht zugleich die Anschauung jener begrenzten Anschauung. Die erste Anschauung ist die des Ich, die letztere die des NichIch. 

Hieraus entstehen folgende synthetische Sätze: Keine Anschauung des NichIch (äußere) ohne Anschauung des Ich (innere) und vice versa. Keins von beiden ist möglich ohne das Selbstgefühl, in welchem beide vereinigt sind und in welchem sich der notwendige Zusammenhang von beiden zeigt.
 
Die Begrenztheit, von der hier die Rede ist, ist der Denkzwang, etwas so und  nicht anders vorzustellen. Ich kann kein Ding außer mir bemerken, ohne mich selbst zu bemerken als bemerkend. Aber dass ich mich bemerke, hängt davon ab, dass ich ein Ding außer mir bemerke, weil ich dadurch beschränkt werde. Kein Ich ohne NichtIch und umgekehrt. - 

Die Anschauung beider steht sonach in Wechselwirkung, eine ist nicht möglich ohne die andre. Die eben aufgestellte Wechselwirkung dauert immer fort, wird nur weiter bestimmt. Hier ist die oben unbeantwortete Frage beantwortet: Wie kann das Ich in der Anschauung sich selbst fühlen? Antwort: Indem es gezwungen, beschränkt ist.

Mit diesen Vorkenntnissen können wir tiefer in die Sache eingehen.

6. Wird die reale Tätigkeit der Ich beschränkt, so entsteht notwendig, da die ideale Tätigkeit immer bleibt, eine //94// Anschauung, vor der Hand nur die des Beschränkenden. Dieses ist sonach ein ganz bestimmter Zustand des Ich. Von ihm aus kann eine genetische Einsicht in das jetzt Gesagte gegeben werden

An diesem Zustand soll eine Veränderung erfolgen, wie und woher wissen wir nicht, wir haben sie wirklich postuliert. Das Ich wird durch diese Veränderung in seiner Beschränkung beschränkt. Im ersten Zustand (voriger Paragraph) ist das Ich und ist es irgend etwas, es ist fixiert, gehalten; ein bestimmtes Streben in ihm, weil es beschränkt ist. Oder Tätigkeit ist in ihm negiert, welches der Charakter des Seins ist.
 
Nota.
Zu Grunde liegt die Vorstellung einer allgemeinen und unendlichen Agilität, die einstweilen nur 'schwebt': Um etwas und real zu werden, bedarf sie eines Widerstands, der sie aufhält und einschränkt; an dieser Beschränkung wird ein Teil der Agilität auf sie selbst zurückgeworfen und reflektiert: sie wird - real und ideal - bestimmt. Ihre 'Bestimmung' ist, sich fortschreitend selbst zu bestimmen: ideal als ein Ich für sich, real als ein unentwegtes Übergehen. - Das ist das abstrakte Modell der Wissenschaftslehre, das eine und das andere geschieht zugleich und auf einmal, weil und wenn es geschieht.
Dies dient nur der Veranschaulichung. Positiv und als Satz genommen wäre es dogmatisch und falsch.

Das Ich ist aber noch nichts für sich; es ist auf jenem Gesichtspunkte keine Reflexion des Ich auf sich selbst abgeleitet. Es wird sich finden, dass das Ich zu diesem Anschauenden ein Sein für sich haben wird. Dieses Sein ists nun, welches durch diese Veränderung beschränkt wird, durch B im Gegenstatze zu A, wo nur ein Streben beschränkt wurde. Das Sein des Ich ist das Beschränkte. Das Gefühl B als Gefühl überhaupt ist auch Beschränkung des Strebens, hat dies mit A gemein; aber wir abstrahieren hier davon und sehen nur darauf, dass es das Gefühl B ist, wir sehen nur auf die Veränderung.

Ein Sein ist nur für die ideale Tätigkeit. Nun geht auf alles Sein des Ich noch nicht die ideale Tätigkeit, insofern kann also das Sein und die ideale Tätigkeit nicht beschränkt sein, aber die ideale Tätigkeit geht in der Anschauung Y auf das Sein von Y; wird nun, wie es dem Erwiesenen nach geschehen muss, das Sein des Ich beschränkt, so würde das Sein im Anschauen des Y beschränkt, verändert.
 
Nota.
Verstehe ich nicht. Ein Sein ist nie 'an sich', sondern immer bestimmt: dieses Seiende; denn es ist stets beschränkt durch diese ideale Tätigkeit: Ideale Tätigkeit an sich gibt es nicht.* Sobald also ein Tätiges zum Sein festgestellt wurde, ist es eo ipso beschränkt. Wozu also all die Verrenkung? (Worauf will er hinaus?)
*) Ideale Tätigkeit geht auf die Beschränkung einer realen Tätigkeit durch diesen Widerstand; insofern ist sie selbst beschränkt und bestimmt als diese.

Aus der Beschränktheit und Veränderung meines Seins folgt auch die Beschränktheit und Veränderung des Seins außer mir. Zufolge der Bechränkung meiner realen Tätigkeit in A entsteht notwendig die Anschauung Y eines Beschränkten (voriger Paragraph); wird diese Beschränkthiet A als Grund der Beschränkung Y wieder beschränkt, so folgt eine Beschränkung des Gegründeten [sic], dies gibt die Anschauung Y. Beschränktheit der realen Tätigkeit gibt Anschauung (voriger Paragraph).

Ein bestimmtes Quantum jener Beschränktheit gibt ein bestimmtes Quantum Anschauung. Wird der Grund be-
//95//schränkt, so wird es auch das Begründete (Ich bin in der Anschauuung beschränkt heißt: Ich bin in der Vorstellung Y gebunden, das Mannigfaltige darin so zu ordnen und nicht anders; jede Bexchränktheit erregt ein Gefühl, sonach auch die Beschränktheit der idealen Tätigkeit in der Anschauung Y.)
 
Nota.
Beschränken heißt bestimmen heißt anschauen. Erst ein durch die Beschränkung der realen Tätigkeit Bestimmtes ist etwas und lässt sich eo ipso anschauen.

Zuvörderst ist nur von der Beschränkung des praktischen Vermögens als Grund der Beschränkung gesprochen, denn es scheint sonderbar, dass die als unbeschränkbar aufgestellte [ideale] Tätigkeit beschränkt werde und aus ihr ein Gefühl erfolgen solle. Auf die Erfahrung darf man sich nicht berufen. In der Erfahrung findet Denkzwang statt, die Objekte so aufzufassen. Es müsste etwa so sein, dass die ideale Tätigkeit praktisch würde und mit Freiheit hervor- brächte, und insofern beschränkt würde; dies wird sich weiter unten zeigen, sonst fiele alles System zusammen.

Aus der Beschränktheit der idealen Tätigkeit wird entstehen ein neues Gefühl, aber aus dem Gefühl entsteht notwendig eine Anschauung. Dies wäre die Anschauung X, von der wir bisher gesprochen haben. Das Objekt dieser Anschauung X wäre das in dem oben beschriebenen Gefühl Begrenzte, und das ist das Ich selbst, seine ideale Tätig- keit.

Zuvörderst als Objekt der Anschauung ist das Ich ein Sein, es ist etwas. Die Begrenztheit des Ich ist im Zustande A. Das Ich ist in ihr sich selbst gegeben, es wird gefunden als Objekt. Das Anschauende in X ist die ideale Tätigkeit, welches auf dieses Sein geht.

Über die Verbindung des Fühlenden in diesem Gefühle mit der Anschauung oder über den Grund der Identität beider ist hier alles klar. Zufolge des bestimmten Gefühls entsteht eine bestimmte Anschauung, und nur mit der Anschauung entsteht das Objekt derselben und ist nicht von ihr zu trennen; das ist das Band.
 
Nota.
Ich werde mich nicht lächerlich machen und so tun, als ob ich das verstanden hätte. Wenn mir einer auf die Sprünge helfen kann, bitte ich ihn herzlich darum.
Es geht wohl darum, wie (auch) die ideale Tätigkeit beschränkt werden und ein Gefühl zeitigen könne, das seinerseits zur Anschauung eines seienden Etwas, eines Objekts überginge. In concreto: darum, das Ich zu fühlen und als seiend anzuschauen. (Will er uns auf die intellektuelle Anschauung hinführen?)
Die ideale Tätigkeit soll selber 'praktisch werden': Dies wird sie, indem sie sich durch Freiheit selbst beschränkt, das können wir schon absehen. Aber das ist nicht das Problem. Damit eine neue Anschauung möglich wird, muss in der Anschauung der Anschauung (weil letztere nun begrenzt ist) ein Gefühl entstehen. Ein unsinnliches Gefühl? Und wieder schillert dieser Begriff: Kommt ihm eine (bisher nicht beleuchtete) Qualität zu, durch die die Anschauung der Anschauung mit dem schmerzenden Fuß, der gegen einen Widerstand gestoßen ist, zu einer Einheit synthetisiert wird? Davon kann ich bislang nichts erkennen.

Ich fühle und schaue an. Ich bin in beiden Fällen dasselbe Ich, aber was ich anschaue, soll ich auch sein. Mit dieser bestimmten Anschauung X ist dies Objekt verbunden, ich fühle mich beschränkt durch mein eigenes Sein. Nun ist das das Y Anschauende nicht Objekt der Anschauung X, sondern das Sein des Ich ist Objekt dieser Anschauung. Aber das An-//96//schauen ist damit notwendig und unzertrennlich verknüpft, und dies ist das Band, woran das Ich weiter fortgeleitet wird.

Da das angeschaute Objekt Ich sein soll, so folgt daraus, dass sein Sein notwendig bestimmt ist im Setzen, durch ideale Tätigkeit eines Dinges Y; nur unter dieser Bedingung wird es angeschaut.

Das Resultat wäre dies: Aus der Veränderung erfolgt ein Gefühl derselben als eine Beschränkung der idealen Tätigkeit des Ich als eines solchen, in welcher das Ich überhaupt, und die Anschauung des Y als ein Akzidens des Ich vorkommt.

Ist kein Ich für das Ich, so ist kein NichtIch und kein Bewusstsein. Aber die Anschauung und der Begriff des Ich sind nicht möglich ohne Veränderung seines Gefühls: Wechsel des Gefühls ist sonach die Bedingung des Selbstbewusstseins und qualis talis schlechthin zu postulieren. Ein solcher Wechsel des Gefühl, den wir oben problematisch annahmen, muss also notwendig angenommen werden.
 
Nota.
Ist das ein Taschenspielertrick? Angeschaut werden kann nur, wo ein Gefühl ist. Das Ich soll angeschaut werden, folglich müsste ein Gefühl dagewesen sein, und das konnte nur geschehen, indem eine Tätigkeit eingeschränkt wurde. Es ist in diesem Fall eine ideale Tätigkeit. So muss also die Beschränkung der idealen Tätigkeit in demselbem Sinn ein Gefühl zeitigen, wie die Einschränkung der realen Tätigkeit. Quod erat demonstrandum, was wir oben problematisch annahmen, dürfen wir nun kategorisch annehmen - ?
Hätte er gesagt, wenn eine Tätigkeit auf einen Widerstand stößt, dann entsteht ein XYZ, egal, ob sie real oder ideal gewesen ist - dann wäre das richtig gewesen, aber sinnlos. Denn XYZ bedeutet nicht etwas, nämlich nichts Bestimmtes, es ist nur ein leeres Zeichen. Er hat aber erst nur von der realen Tätigkeit gesprochen, und da war der Satz ohne weiteres einleuchtend, denn er hat statt XYZ das Wort benutzt, das die Deutschen für das lateinische sensus verwenden: Gefühl. Darunter kann man sich etwas vorstellen, das kann man anschauen, man hat ein 'Gefühl' dabei. Aber eben nur, wo von realer Tätigkeit die Rede ist, für die ideale Tätigkeit gilt das nicht.
Sagen Sie nicht: Wir sind hier überall nur in der Vorstellung, es geht nicht um meinen Fuß, der gegen einen Stein stößt, sondern um meine Vorstellungstätigkeit. Wenn eine wirkliche Vorstellung wirklich auf einen Widerstand stößt, dann stellt sie sich... etwas Wirkliches vor, das meine Tätigkeit zum Bestimmen herausfordert. Das gilt für reales Vorstellen, aber nicht für das Anschauen der Anschauung: Das ist bestimmt. Es hilft nix: Er will die ideale Tätigkeit im System der Sensibilität unterbringen, und das geht nicht ohne Gewalt.

Anmerkung. A) Die Anschauung X ist nichts anderes als die im vorigen Pragraphen deduzierte Reflexion. (Der Gang der Wissenschaftslehre ist: Das Ich setzt A, aber wenn A gesetzt sein soll, so muss es darauf reflektieren, darauf wieder reflektieren, und so fort.)

Über die Veränderung im Gefühle. Die erste Beschränkung A (voriger Paragraph) ist eine ursprüngliche Beschränkung meiner Natur. Aus ihr allein folgt gar nichts, denn es folgt nicht einmal die Anschauung des Ich. Ich kann aber meine Natur durch freies Handeln ausdehnen, und dann möchte etwas folgen. 

Aber ich kann nicht frei handeln, ehe ich für mich bin, wenigstens die Möglichkeit da ist, Ich sein zu können. Zu dieser Möglichkeit gehört, dass in meiner Natur eine Veränderung vorgehe, dass auf mich gewirkt, dass meine Natur affiziert werde. Die Anlage kann im Ich liegen, man braucht nicht aus ihm herauszugehen. Im gemeinen Bewusstsein muss sichs erklären durch das Vorhandensein von etwas außer mir.

B. Die Beschränktheit der Anschauung Y, auf welche sich //97// unser bisheriges Räsonnement gestützt hat, bedeutet den Denkzwang, ein Objekt gerade so zu denken, in ihm findet Gefühl statt. Ich fühle mich innerlich gezwungen, die Dinge gerade so zu denken. 

Nota.
Na, da haben wir es ja endlich, das unsinnliche, das intellektuelle Gefühl! Gefühl ist ein Zustand, in dem das Subjekt 'leidend' ist, nicht tätig (wiewohl es nur leidend wird, sofern es tätig ist). Insofern ist der Zustand, in dem mein Denken sich gezwungen vorkommt, ein 'Gefühl'; aber doch nur im metaphorischen, und jedenfalls nicht in dem Sinn, dass im System meiner Sensibilität eine wirkliche Veränderung stattfände! Ob er aus dieser unerlaubten Vermengung Schlüsse zieht, wird sich zeigen. Es wären unerlaubte Schlüsse. 
(In den Rückerinnerungen... tritt das 'intellektuelle Gefühl' als Bürge für meine Gewissheit ein; es ist 'Glaube' im Sinne von Evidenz. Fühle ich mich im Moment der Evidenz gezwungen, oder fühle ich mich vielmehr als siegreicher Entdecker? - Metaphorische Rede hat ihre Berechtigung, wo die Begriffe nicht hin reichen, weil die Vorstellungstätigkeit im vorbegrifflichen Raum (Metapher!) dargestellt werden soll. Aber dann darf man sie nicht als Argumente verwenden, so als ob sie Begriffe wären.)

Aber bin ich gezwungen, die Dinge so zu denken?

Ich kann von ihnen abstrahieren oder ich kann sie auch anders denken, also findet kein Denkzwang statt. Aber dann stelle ich das Ding nicht der Wahrheit gemäß dar; aber soll meine Vorstellung dem Dinge gemäß sein, so findet Denkzwang statt. Aber was ist denn das für eine Wahrheit, an die meine Vorstellung gehalten werden soll?


Es ist die Frage nach der Realität, die wir der Vorstellung zu Grunde legen. Unser eigenes Sein in praktischer Hinsicht ist die Wahrheit, es ist das unmittelbar Bestimmte, wovon sich weiter kein Grund angeben lässt. Dieses unser eigenes Sein deuten wir durch ein Ding außer uns; dieses Ding außer uns ist seiner Wahrheit gemäß dargestellt, wenn es auf ein inneres Sein deutet. Aus einem Quantum Beschränktheit in mir folgt diese oder jene Beschränktheit außer mir.
 
Nota I.
Was ist Wahrheit? Unser eigenes Sein - und zwar in praktischer Hinsicht - ist die Wahrheit. In praktischer Hinsicht heißt: in Bestimmung zu... Wozu ist mein Sein praktisch bestimmt? Zum unendlichen Übergang vom Unbestimmten zum Bestimmten; bestimmt zum unendlichen Bestimmen. Nicht meine Bestimmtheit ist mithin die Wahrheit meines Seins, sondern das Übergehen. Das dürfte nun wohl als Kernsatz der Wissenschaftslehre gelten - wenn nämlich einer so unklug wäre, sie lehren zu wollen.
Nota II.
In Hinblick auf das Gefühl - einen Absatz tiefer kommt er darauf zurück - erhellt schonmal dies: Ein Denkzwang und das entprechende Gefühl, genötigt zu sein, stellt sich nur ein, wenn ich den Vorsatz gefasst habe, 'wahr' zu denken. Aber den kann ich nur aus Freiheit fassen. Ein 'Leiden', ein Gefühl des Gezwungenseins kommt nur vor unter Bedingung eines vorausgegangenen Akts der Freiheit. - Das ist nun ganz etwas anderes als das sinnliche Fühlen, von dem zuvor stets die Rede war.

C. Noch ist die Schwierigkeit ungelöst geblieben, wie durch die Beschränkung der idealen Tätigkeit ein Gefühl entstehen könne?

Ich muss das Objekt so oder so vorstellen, wenn ich es richtig vorstellen will: Indem ich das sage, meine ich, ich könnte es auch nicht-richtig vorstellen wollen, und die Notwendigkeit meines Denkens ist nur bedingt und hängt ab von meiner Freiheit. Was ist dies für eine Freiheit und wo kommt sie vor?

Ich bin beschränkt in A; die ideale Tätigkeit, die aus dieser Beschränktheit hervorgeht, ist auch beschränkt. Diese beschränkte ideale Tätigkeit ist die Anschauung Y. Diese ist aber hier der Strenge nach nichts als eine von uns vorausgesetzte Idee, denn sie ist ja nicht für das Ich. Soll sie für das Ich etwas sein, so muss von neuem darauf reflektiert werden, das Ich muss von neuem sie setzen.

Man nehme an, diese neue Reflexion soll mit Freiheit geschehen.

Die praktische Tätigkeit lässt sich ganz unterdrücken, so dass gar keine mehr übrig wäre, sondern nur ein Streben nach ihr. Aber der Charakter dere idealen Teäigkeit ist, dass sie mir bleibe und nicht aufgehoben werden könne. Sie soll nur in //98// Y beschränkt sein, aber sie kann nicht aufgehoben werden; sie ist sonach nur zum Teil beschränkt und kann sich von dieser Beschränktheit losreißen; in der Anschauung Y ist die ideale Tätigkeit nur zum Teil beschränkt, sie kann sich losreißen mit Freiheit. Ob sie sich unbedingt losreißen müsse oder nicht, oder falls das letzte stattfinden sollte, unter welchen Bedingungen, werden wir sehen.

Das Ich soll gesetzt werden als das Anschauende, aber das Ich ist nur das Tätige und nichts anderes. Sonach muss die Anschauung als Produkt der freien Tätigkeit gesetzt werden, und nur dadurch wird sie es. Aber Tätigkeit lässt sich nach dem allgemeinen Gesetz der Anschauung nur setzen als ein Übergehen von Bestimmbarkeit zur Bestimmtheit. Ich soll mich tätig setzen heißt, ich soll meiner Tätigkeit zusehen. Dies ist aber ein Übergehen vom Unbestimmten zum Bestimmten. Soll die Anschauung also als frei gedacht werden, so muss sie auch in demselben Moment gebundn gesetzt werden. Freiheit ist nichts ohne Gebundenheit et vice versa. Das Losreißen ist nicht möglich ohne etwas, wovon gerissen wird. Nur durch Gegensatz entsteht Bestimmtheit des Gesetzten.
 
Nota.
Dass es ein noch ungelöstes Problem ist, wie aus der Beschränkung der idealen Tätigkeit ein Gefühl entstehen könne, ist immerhin unbestritten. Auch, dass es nur durch ein Losreißen aus Freiheit zu heben sein wird. Ist aber die Umständlichkeit seines Argumentierens nur gewissenhaft, oder vielmehr rabulistisch? Das 'werden wir sehen'.

Wie kann nun Freiheit und Beschränktheit der idealen Tätigkeit beisammen sein? So: Wird auf die Bestimmtheit des praktischen (realen) Ich reflektiert, so muss auch Y notwendig so gesetzt werden, also nur die Synthesis ist notwendig. Oder: Soll die Vorstellung wahr sein, so muss ich den Gegenstand so vorstellen, ob aber diese Synthesis vorgenommen werde, dies hängt von der Freiheit des Vorstellenden ab, welches [sic] in sofern keinem Zwange unterworfen ist. 

Wir haben also jenes obige Resultat hier bestimmter und klärer so:

Ich bin beschränkt, zuvörderst praktisch. Diese Beschränkung ist wieder beschränkt durch die im Zustand des Gefühls vorgegangene Veränderung; auf diese kann ich reflektieren oder nicht. Diese Reflexion ist die bisher genannte Anschauung X. Reflektiere ich aber einmal, so kann ich mich nicht allein beschränkt setzen, sondern ich muss auch noch ein //99// Beschränkendes hinzudenken, dies ist die Anschauung Y. Reflektiere ich nicht, so bin ich für mich nicht da, und somit ist auch außer mir für mich nichts da. Indem ich nun den geschilderten freien Akt vollziehe, werde ich meiner unmittelbar bewusst. Mit jener Reflexion auf meinen Zustand und dem daraus folgenden Schlusse auf etwas außer mir ist eine Reflexion auf mich unmittelbar verknüpft, nicht in zwei besonderen Akten.

Auf die Anschauung Y soll ich reflektieren in X; soll diese Anschauung Y meine sein, so muss ich darauf reflektieren in Z, auf diese in einer Anschauung V. Dies ist nun wichtig: So gewiss eine freie Anschauung ist, so gewiss ist Anschauung des Ich mit verknüpft. Ich schaue mich an als anschauend; dadurch werde ich mir selbst Ich; dies kann nun nicht sein, ohne dass ich mich auch setze als gebunden, denn dadurch erhalte ich erst Haltbarkeit für mich, und so sieht man die Notwendigkeit ein, mit der Anschauung X die Anschauung Y zu verbinden. So erhält alles bisher Gesagte erst durch die Freiheit Verständlichkeit und Haltbarkeit: An die Freiheit nur lässt sich etwas anknüpfen.
 
Nota.
An die Freiheit nur lässt sich etwas anknüpfen: Das ist nicht bloß eine weitere rhetorische Blüte. Nur aus der Freiheit lässt sich was machen - oder so ähnlich hieß es schon früher. Aber hier geht es um Anknüpfen: Sofern in Sachen Bewusstsein irgendetwas geschieht, geschieht es nicht aus vorliegenden Ursachen, sondern aus Absichten, und dies immer wieder neu, sonst würde nichts folgen. Die Idee der Freiheit hat nur Sinn, wenn ich sie mir dynamisch vorstelle, als eine unablässig drängende, und andersrum ist Dynamik - wir bleiben immer innerhalb des Bewusstseins - nur durch Freiheit denkbar.
Nota II.
Die Frage, wie aus der (Selbst-) Beschränkung der idealen Tätigkeit ein Gefühl entsteht, verfolgt er nicht weiter, mindestens nicht an dieser Stelle.

Es ist auch gesprochen worden von einem Gefühle. Seine [des praktischen Ichs] Beschränktheit wird mit Freiheit gesetzt, es wird auf sie reflektiert. Diese Beschränktheit ist das Gefühl. Denn wenn ein Ich beschränkt wird, so entsteht ein Gefühl, sonach hängt das Gefühl selbst mit ab von der Freiheit; es ist kein Gefühl, wenn nicht mit Freiheit darauf reflektiert wird. Ich muss dem Gefühle mich hingeben, sonst fühle ich nicht. Aus dem Gefühle folgt freilich alles von selbst, aber dass nur ein Gefühl entstehe, dazu gehört, dass das Ich sich gleichsam dem Gefühle entgegenbewegen müsse, wenn ein Gefühl und ein Resultat desselben für das Ich vorhanden sein soll.

Die ideale Tätigkeit, die dem Ich zugeschrieben wird, die mit dem Bewusstsein der Freiheit gesetzt wird, ist ein Begriff; sonach ist das, was wir bisher bloß als Anschauung charakterisiert haben, ein Begriff, die Anschauung. Der Charakter des Begriffs von der Anschauung wäre der: dass in der Anschauung das Ich gesetzt werde als gebunden, im Begriff aber als frei. Daher die Anschauung an sich nichts, oder, wie Kant sagt, //100// blind ist, der Begriff aber leer an sich, wenn sich das Ich nicht beschränkt findet durch die Anschauung.

Nota.
Dass kein Gefühl da ist, wenn ich nicht mit Freiheit darauf reflektiere, muss er aber noch ein wenig erläutern! Wenn ich unterließe, mit Freiheit darauf zu reflektieren, bräuchte ich bei der Blinddarmoperation keine Betäubung; ich muss mich dem Gefühl hingeben, sonst fühle ich nicht? Der Fakir muss auf etwas ganz anderes reflektieren - sich 'ihm hingeben'? - als das Gefühl, um sich eine Nadel durch die Zunge stechen zu können.
Es hilft mal nichts: Wo von Gefühlen die Rede ist, kann ich mir etwas anderes als ein grob Sinnliches nicht vorstellen.
 
Übersicht der bisher dargestellten Momente

Wir müssen aller Untersuchung voraus im Ich anknüpfen eine unbeschränkbare und eine beschränkbare Tätigkeit (ideale und reale Tätigkeit). Die letztere werde auf eine bestimmte Weise beschränkt. Die Bestimmtheit besteht durch eine Veränderung des Zustandes. Durch die Veränderung wird der Zustand von allen Seiten geschlossen. Aber sie ist nicht beschränkt, wenn die absolut freie Tätigkeit darauf nicht reflektiert und die Beschränktheit nicht begreift. Aber die ideale Tätigkeit kann diese Beschränktheit nur an sich [selber] begreifen, das heißt, sie muss auch selbst beschränkt sein. Da sie aber frei ist, so kann sie nicht durch das Beschränkende aufgesucht werden, sondern sie gibt sich derselben [sic] mit Freiheit hin. Sie kann aber das Ich nicht begreifen, ohne es als beschränkt zu begreifen, dies gibt den Begriff des Ich; aber sie kann dies nicht, ohne ein Beschränkendes zu setzen, dies gibt den Begriff des NichtIch.

Das Ich ist frei und steht doch unter Gesetzen. Dies ist nur so möglich, dass es sich mit Freiheit unter Gesetze begibt. Hier ist nur von Gesetzen der Vorstellung die Rede.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Neu durchgesehene und kommentierte Ausgabe.

  Fichte's Vorlesungen über die Wissenschaftslehre, gehalten zu Jena im Winter 1798-99   nachgeschrieben von K. Chr. Fr. Krause ...